Statements

Nach Amsterdam, Paris etc.: Nur Ungarn ist in Europa noch ein sicheres Land für israelische Sportler

November 2024 | Europas politische Multikulturisten können israelischen Fußballspielern wie jüdischen Fans in ihren Stadien und Städten keine Sicherheit garantieren. Sie werden sogar Opfer von Pogromen durch islamische Migranten wie Israels Präsident kritisiert. Jetzt bleibt nur noch das ständig diffamierte Ungarn ein sicherer Ort für Spiele israelischer Mannschaften, weil es seine Grenzen gegen unkontrollierte Einwanderung schützt.

Der vollständige Beitrag von Olaf Opitz aus dem Meinungsmagazin »Tichys Einblick«  steht Ihnen hier zum Download zur Verfügung.

Ungarischer Konservatismus wird als Bedrohung für links-grüne Hegemonie gesehen

April 2024 | Das Nachrichtenmagazin »UNGARN heute« bat den DUG-Präsidenten knapp ein Jahr nach dem letzten Gespräch seine Gedanken über die deutsch-ungarischen bilateralen Beziehungen auf politischer Ebene zu teilen. Folgend der Wortlaut des Interviews.

Seit unserem letzten Treffen im Juli 2023 hat sich in den deutsch-ungarischen bila­teralen Bezie­hun­gen auf po­li­ti­scher Ebene nicht viel getan. Manche würden sagen, dass es an sich schon eine Leis­tung ist, dass sie sich nicht ver­schle­chtert haben, wenn man die unüber­brück­bare Kluft zwischen den Werten der der­zei­tigen Ampel­koali­tion in Berlin und der Orbán-Regie­rung bedenkt. Ist das Ihrer Meinung nach das Beste, was wir in der der­zeiti­gen Kon­stel­lation erreichen können, oder haben wir in der jüng­­sten Ver­gan­gen­heit Chancen ver­passt, die Dinge zu ver­bes­sern?

Ich verfolge sehr aufmerksam, wie sehr sich die ungarische Regierung, aber auch die diplo­ma­tischen Ver­tre­tun­gen Ungarns in Deutschland um das deutsch-unga­rische Ver­hält­nis bemü­hen. An ihnen liegen die Pro­ble­me nicht. Die links-grüne Bun­des­re­gie­rung und ihre be­freun­deten Medien in Deutschland sehen in der un­ga­rischen Politik eine Bedroh­ung ihrer eigenen ideologischen Hege­monie. Die ungarische Politik nat­io­naler Sel­bst­be­stim­mung, mit der klas­sischen Familie aus Mutter, Vater und Kindern im Mittel­punkt, auf der Basis der christlich-abend­län­dischen Werte Europas, ist für die ver­sam­melte poli­ti­sche Linke in Deutschland eine Gefahr. Ungarn ist ein Leucht­turm. Viele Deutsche schauen dorthin und fragen sich, warum eine solche Politik nicht auch in Deutschland möglich sein soll. Die Parteien der Ampel-Regie­rung kom­men in allen Um­fra­gen zusam­men nur noch auf ein Drittel der Stim­men. Um so härter wird die ungarische Politik diffa­miert, gerade vor der wichtigen EU-Wahl im Juni.

Die Kampagne gegen Ungarn ist noch massiver geworden?

Leider ja. Als Anfang des Jahres links­ex­tre­me Gewalt­täter beim unga­rischen Kultur­institut mitten in Berlin alle Scheiben ein­ge­schla­gen haben, konnte man darüber in deutschen Medien kaum etwas lesen. Diese Verbre­cher haben übrigens auch die Deutsch-Ungarische Gesellschaft und mich bedroht, weil ich Kanzler­amts­mi­nister Gergely Gulyás zu einer Ver­an­stal­tung nach Berlin einge­laden hatte und pro-ungarische Posi­tionen vertrete. Wenn ich mich in Deutschland zu ganz anderen Themen der Innen­politik äußere, taucht in den Medien häufig der Hinweis auf, dass ich die ungarische Regie­rungs­politik ver­tei­dige – erkenn­bar in der Absicht, mich als Unter­stützer einer angeblich un­demo­kra­tischen Politik zu hin­ter­fragen. Oder schauen Sie sich die Euphorie an, mit der die deutschen Main­stream-Medien über Péter Magyar berichten: Dass er ein Gespräch mit seiner dama­ligen Ehe­frau Judith Varga unter dubiosen Um­stän­den auf­ge­nom­men und für seine öffent­liche Kam­pagne ver­wen­det hat, werden Sie in Deutschland nur selten hören. Auch nicht, dass Judith Varga ihm schwere häus­liche Gewalt vorwirft. Jeder, der gegen Orbán auf­tritt, ist für die deutsche Linke ein poten­tieller Hoffnungs­träger, egal, welche Figur das auch sein mag.

Einige halten die der­zei­tige deutsche Führung für die lo­gi­sche Konse­quenz von Merkels Erbe. Aber auch die CDU-CSU, die größte Oppo­sitions­kraft, scheinen nicht in der Lage zu sein, mit dem Merkel­schen Denken zu bre­chen, das ihren Kurs stark nach links verschiebt. Wo sollte ein Ungar anfan­gen, nach poten­ziellen politischen Ver­bün­de­ten unter seinen histo­rischen Freunden zu suchen?

Helmut Kohl, der CDU-Vorsit­zende und große Bundes­kanzler der deutschen Einheit, hat sich als väter­lichen Freund von Viktor Orbán betrachtet. Für die CSU in Bayern war Orbán über viele Jahre ein gern gese­hener Ehren­gast und Gesprächs­partner. Heute machen beide Parteien um Ungarn einen großen Bogen, weil sie in der Tat immer weiter nach links gerückt sind und nach der nächsten Wahl ein Regie­rungs­bündnis mit SPD oder Grünen wollen. Aber das Erstarken der AfD zeigt, dass sich immer mehr Deutsche vom Links­kurs der eta­blier­ten Parteien abwenden. Im September finden in Ost­deutschland drei wichtige Landtags­wahlen statt. Wenn die CDU dann lieber mit Grünen und Kommu­nisten als mit der AfD zusam­men­arbeitet, werden ihr noch mehr Wähler davon­laufen. Das ist vielleicht auch eine Chance für die Werte­union, die neue Partei von Hans-Georg Maaßen. Das deutsche Parteien­system ist aktuell so stark in Bewegung wie nie zuvor. Selbst für Kenner der deutschen Politik ist schwer ein­zu­schätzen, wie es in zwei Jahren aus­sehen wird. Aus ungarischer Sicht sollte man daher eher ab­warten und sorg­fältig prüfen, wer sich bei diesem Ver­ände­rungs­prozess der deutschen Parteien als verläss­licher Partner erweisen könnte.

Trotz der Unterschiede in der deutschen politischen Land­schaft ist es nicht schwer, bestimmte Schwer­punkte und Argu­mente zu erken­nen, die sich im ungarischen Diskurs wider­spie­geln. Ist das ein Zufall?

Wir stehen in allen Ländern der Euro­pä­ischen Union vor einer ähn­lichen, funda­men­talen Richtungs­ent­schei­dung: Wollen wir die klas­sischen Werte Europas, unsere Art zu leben, ver­tei­digen, oder ergeben wir uns einer un­kontro­llierten Massen­mi­gration und der fort­schrei­tenden Islami­sierung? In Deutschland ist gerade eine Umfrage unter mus­limischen Schülern im Bundesland Niedersachsen veröf­fentlicht worden. Zwei Drittel von ihnen sagen: „Die Regeln des Korans sind mir wichtiger als die Gesetze in Deutschland“. Und fast die Hälfte hält einen islamischen Gottes­staat für die beste Staatsform! Das lässt erkennen, was uns in Europa droht, wenn die links-grüne Politik nicht gestoppt wird.

Wie sehen Sie dabei die Rolle Brüssels?

Die Brand­mauer zum Schutz Europas basiert ganz wesentlich auf der nationalen Selbst­bestim­mung: Die groß­artige Idee der euro­päischen Ein­heit lebt durch die frei­willige Zusammen­arbeit souveräner Nationen zum Wohle aller, nicht durch einen aus Brüssel gesteuerten Super-Staat, der den Bürgern der EU gegen ihren Willen eine Völker­wan­de­rung aus Afrika und dem Mittleren Osten aufzwingt. Um diese wichtige Frage wird es bei der EU-Wahl im Juni gehen.

Die beun­ruhi­gen­den Szenen auf euro­päischen Straßen nach den Terror­an­schlägen vom 7. Oktober in Israel scheinen das ungarische Modell zu bestätigen, das seit 2015 davor warnt, dass religiöser Funda­men­talis­mus, Hass und Anti­se­mitis­mus durch illegale Migration aus dem Nahen Osten impor­tiert werden. Wie können Ihre poli­tischen Eliten an­ge­sichts der schwie­rigen Ver­gangen­heit Deutschlands in Bezug auf die jüdische Gemein­schaft immer noch einen un­kri­tischen Umgang mit diesem Thema recht­fer­tigen?

Ja, es ist ein­fach schreck­lich, dass Antisemiten und Israel-Hasser wieder durch Deutschland marschieren können! Ich bin am 8. Oktober, einen Tag nach dem Terror-Angriff auf Israel nach Budapest geflogen und dort durch das jüdische Viertel gegangen. Unsere jüdischen Mitbürger dort konnten sich wie immer frei und sicher auf der Straße zeigen. Als ich in der Woche darauf nach Berlin zurückkam, war dort gerade ein Brandanschlag auf eine jüdische Synagoge versucht worden, obwohl sie rund um die Uhr von der Polizei bewacht wird. Die Deutschen sind genau sowenig Antisemiten wie die Ungarn, aber wir Deutschen importieren den Antisemitismus täglich mit der Massenmigration! Also wo wird Antisemitismus wirklich bekämpft, in Deutschland oder in Ungarn? Es wird höchste Zeit, diese Frage gerade in Deutschland offen zu diskutieren!

Die Synagoge in Oldenburg, die kürzlich einem Brandanschlag zum Opfer fiel.

Wie könnte Ungarn seiner Stimme in Deutschland mehr Gehör verschaffen und wie kann es den Deutschen seinen Standpunkt besser erklären?

Viktor Orbán ist in Deutschland bekan­nter als viele Bundes­mi­nister der Ampel-Re­gie­rung. Das ungarische Volk hat ihn vier­mal hinter­ein­an­der mit abso­luter Mehr­heit zum Minister­präsi­denten gewählt. Er sollte häufiger nach Deutschland kom­men, um die Über­zeu­gungen der Ungarn und seine Poli­tik zu erklären. Und er sollte mehr Inter­views in deutschen Medien geben. Viele Deutsche sind sehr inte­res­siert daran, was er zu sagen hat.

Der Rücktritt der ungarischen Staatspräsidentin – eine Analyse

Ungarns Staatspräsidentin Katalin Novák (46) und die ehemalige Justizministerin Judit Varga (43) treten als Reaktion auf die Proteste gegen eine umstrittene Begnadigung vom letzten Jahr von allen politischen Ämtern zurück.

von Bence Bauer, Direktor des Deutsch-Ungarischen Instituts für Europäische Zusammenarbeit

Am Samstag, 10. Februar 2024 frühabends um 17.30 Uhr erklärte die Staatspräsidentin von Ungarn, Katalin Novák via Fernsehansprache ihren Rücktritt vom Amt des Staatspräsidenten. Als Gründe führte sie die Diskussionen rund um die Begnadigung eines Mannes, der sich der Beihilfe zur versuchten Erpressung von minderjährigen Opfern eines Missbrauchsfalles strafbar machte, an. Sie erklärte, einen Fehler gemacht zu haben, entschuldigte sich für diesen und zog mit ihrem Rücktritt die Konsequenzen. Judit Varga, die seinerzeit als Justizministerin die Begnadigung gegen­zeichnete, trat zur gleichen Zeit von ihrem Mandat als Abgeordnete der Ungarischen Nationalversammlung und dem Vorsitz des Ausschusses für Europäische Angele­genheiten zurück. Zudem verzichtete sie auf die Kandidatur bei den Wahlen zum Europäischen Parlament, die sie als Spitzenkandidatin von Fidesz-KDNP bestreiten sollte. Die beiden Rücktritte stellen eine große Zäsur in der politischen Landschaft des Landes dar.

Der Begnadigungsfall
Im Jahr 2019 wurde der Leiter des Waisenhauses von Bicske, János V., wegen des sexuellen Missbrauchs von minderjährigen männlichen Schutzbefohlenen in zehn Fällen zwischen den Jahren 2004 und 2016 zu acht Jahren Haftstrafe verurteilt. Sein Stellvertreter, Endre K., wurde zu drei Jahren und vier Monaten Haftstrafe verurteilt, weil er mindestens in einem Fall den Waisenhausleiter dabei unterstützt haben soll, eines der Opfer dahingehend zu erpressen, die Aussage zu widerrufen. Die Erpressung blieb erfolglos, das Opfer blieb bei seiner Aussage und der Heimleiter wurde verurteilt. Endre K. trat im November 2021 seine Haftstrafe an und wechselte Anfang des Jahres 2023 in den offenen Vollzug. Das Gerichtsurteil sah seinerzeit nicht nur eine Haftstrafe vor, sondern auch ein Berufsverbot für fünf Jahre und das Verbot des Führens öffentlicher Angelegenheiten für vier Jahre. Letzteres besagt, dass dem Verurteilten beispielsweise das Wahlrecht aberkannt wird, er keine öffentlichen Ämter ausüben darf und auch keine staatlichen Auszeichnungen bekommen darf. Im Jahre 2022 wurde Medienberichten zufolge von der Ehefrau von K. ein Gnadengesucht eingereicht, dem die Staatspräsidentin am 27. April 2023 im Vorfeld des Papstbesuches stattgab. Zu jener Zeit blieben nur noch einige Monate des offenen Vollzugs. Parallel hierzu prozessierte K. in dritter Instanz gegen das Gerichtsurteil weiter, wodurch die erfolgte Begnadigung überhaupt erst Anfang Februar 2024 bekannt wurde. Die Begnadigung sah vor, dass die verbleibende Reststrafe in eine fünfjährige
Bewährung umgewandelt wurde sowie dass das Berufsverbot und das Verbot des Führens öffentlicher Angelegenheiten ausgesetzt wurden.

Reaktionen auf den Begnadigungsfall
Unmittelbar nach Bekanntwerden der Begnadigung erklärte eines der Missbrauchsopfer öffentlich, die Staatspräsidentin solle sich schämen. Alle Oppositionsparteien forderten Katalin Novák zum Rücktritt auf.
Die liberale Partei Momentum organisierte für den 9. Februar und 10. Februar Demonstrationen vor dem Amtssitz des Staatspräsidenten. Am 8. Februar erklärte Ministerpräsident Viktor Orbán, eine Grundgesetzänderung einreichen zu wollen, wonach Begnadigungen von Verurteilten unzulässig seien, die sich zum Nachteil von Minderjährigen schuldig gemacht haben. Die ersten Reaktionen der Staatspräsidentin überzeugten die Kritiker nicht, denn sie wies zunächst nur auf den juristisch korrekten Umstand hin, wonach Begnadigungen nicht zu begründen seien. Eine Rücknahme der Begnadigung ist rechtlich allerdings nicht möglich. Im Gefolge der immer breiter schwelenden Angelegenheit erklärten mehrere Berater der Staatspräsidentin den Rücktritt von ihren Posten. Der regierungsnahe Journalist Zsolt Bayer forderte Novák auf, sich schnellstmöglich öffentlich zu erklären. Das Schweigen der Staatspräsidentin bis in die frühen Abendstunden des 10. Februar zeugte von einer verbesserungswürdigen Krisenkommunikation. Noch am Donnerstag verreiste das Staatsoberhaupt zu einer offiziellen Auslandsreise nach Katar. Von dort am Samstagmittag zurückgekehrt, eilte sie zu ihrem Amtssitz, um die wenig später ausgestrahlte Rücktrittserklärung zu verfassen.

Rücktritt als Ultima Ratio
Unter dem Druck von Öffentlichkeit und Opposition, aber auch aus den eigenen Reihen, blieb für Katalin Novák offensichtlich keine andere Wahl als der Rücktritt. Die Krisenkommunikation der letzten Tage war wenig optimal, da kaum vorhanden. Bei politischen Krisen ist oftmals der Umgang mit der Krise entscheidender als die Krise selbst. Zudem bot die umstrittene Begnadigung durch Staatspräsidentin Novák eine offene Flanke auf einem für die Regierungsparteien sehr sensiblen Feld des Kinderschutzes. Das im Juni 2021 verabschiedete Kinderschutzgesetz wurde international zwar kritisiert, war aber für viele ungarische Wähler richtig und wichtig. Die Ungarn gelten aus kinder- und familienfreundlich und es herrscht
parteiübergreifend Einigkeit über die Wichtigkeit des Kinderschutzes. Auch bei den relevanten Themenfeldern des sexuellen Missbrauchs von Kindern kennt die ungarische Gesellschaft kein Pardon. Aus diesen Gründen war die umstrittene Entscheidung der Staatspräsidentin zwar rechtlich, aber nicht politisch zu vertreten und vor allem für die Regierungsparteien eine politisch brisante Angelegenheit.
In ihrer Rücktrittserklärung formulierte Katalin Novák es wie folgt: „Ich habe mir die Frage stellen müssen, ob ich das Amt des ungarischen Staatspräsidenten dem Amtseid zufolge zum Wohl der ungarischen Nation werde ausüben können. Hätte ich die Freiheit, meine Aufgaben als Staatsoberhaupt ordnungsgemäß auszuüben? Meine Antwort auf beide Fragen war ein Nein.“ Sie entschuldigte sich bei all jenen, die sie in Stich ließ. Sie endete ihre Ansprache mit dem dem Vaterunser angehängten Lobpreis „Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit.“

Auswirkungen des Rücktritts
Politischen Beobachtern zufolge ist der Rücktritt geeignet, die Angelegenheit zu einem für die Regierungsparteien befriedigenden Abschluss zu bringen. Es stehen nun zwei relevante Persona­l­­­­­entscheidungen an, nämlich die Nachfolge von Katalin Novák und die Listenführerschaft von Fidesz-KDNP zu den Europawahlen. Vereinzelt sind aus Oppositionskreisen Stimmen zu vernehmen, die nun eine direkte Wahl des Staatspräsidenten fordern oder den Rücktritt der Regierung von Viktor Orbán. Es wird von Analysten auch darauf hingewiesen, dass der Opposition die Themen fehlen, mit denen sie erfolgreich die Wähler im Lande ansprechen kann. Mit dem nun offenbar zum Ende gekommenen Skandal konnte die Opposition ein auch für bürgerliche Wähler relevantes Problem thematisieren und nutzte die Gunst der Stunde. Es ist aber davon auszugehen, dass die in der letzten Woche hochgekochte Angelegenheit mit den dramatischen Rücktrittsankündigungen erledigt sein sollte. Regierungsnahe Kommentatoren verwiesen zudem darauf, dass politische Fehler im bürgerlichen Lager niemals ohne Konsequenzen blieben. Die Opposition betonen aber, dass Fidesz-KDNP bereits nun zum zweiten Mal ein Staatsoberhaupt ins Amt gewählt hätte, das hat vorzeitig zurücktreten müssen (2012 trat Staatspräsident Pál Schmitt wegen einer
Plagiatsaffäre zurück). Jedoch gibt es auch in der Opposition Stimmen, „die ganze furchtbare Sache hinter uns zu lassen“, so Péter Ungár Vorsitzender der grünen LMP.

Fazit
Jenseits des Begnadigungsfalles und seiner persönlichen Auswirkungen für die beiden Politikerinnen ist nun abzuwarten, ob und wie sich die Entwicklungen in der Sonntagsfrage auswirken könnten. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass die schnelle und energische Reaktion des Regierungslagers nunmehr den Wind aus den Segeln der Kritiker nehmen kann. Mit dem Rücktritt der Staatspräsidentin wurde die Angelegenheit nicht verschleppt, sondern mit aller Konsequenz abgeschlossen. Eine andere Frage ist die des politischenPersonals. Mit dem Doppelrücktritt vom Samstag verliert Fidesz zwei bedeutende Politikerinnen von Rang, die mit ihrer professionellen, jugendlichen, weltoffenen und sprachgewandten Art einen neuen Typ an Politikern verkörperten.

Victor Orbáns ungarischer Weg

Oltay Edith CprivatOktober 2023 | Inzwischen akzeptiert die Mehrheit der Mitgliedstaaten, daß die EU-Grenzen geschützt werden müssen. ­Mindestens zwölf EU-Länder haben auf eigene Kosten Zäune gebaut, darunter Österreich, Dänemark, Griechenland, Malta, die Slowakei und die baltischen Staaten. Die EU ist mit mehr als 1000 Kilometern Zäunen und Mauern umgeben, die mit Kameras, Bewegungsmeldern und Stacheldraht versehen sind.

Der vollständige Beitrag von Dr. Edith Oltay aus dem »Cato-Magazin für neue Sachlichkeit« (Nr. 5/2023) steht Ihnen hier zum Download zur Verfügung.

Das enge Miteinander von Deutschen und Ungarn ist unvergänglich

Juni 2023 | Das Nachrichtenmagazin »UNGARN heute« bat den DUG-Präsidenten seine Gedanken über Gegenwart und Zukunft der deutsch-ungarischen Beziehungen mit ihnen zu teilen. Folgend der Wortlaut des Gesprächs in Budapest.

Sie haben sich in der DUG engagiert, obwohl Sie keine persönlichen Verbindungen zu Ungarn haben. Was hat Sie dazu bewogen, sich an die Spitze einer solchen Organisation zu stellen?

Ich habe zwar keine familiären Wurzeln in Ungarn, die Freiheitsliebe des ungarischen Volkes aber schon als Jugendlicher sehr bewundert und viel über den Ungarischen Volksaufstand 1956 gelesen. Der östliche Teil meiner deutschen Heimat stand unter kommunistischer Herrschaft. Die Ungarn hatten 1956 gezeigt, dass man eine Diktatur niemals akzeptieren darf und damit ein Zeichen der Hoffnung für ganz Europa gesetzt. Und 1989 haben die Ungarn den ersten Stein aus der Mauer gebrochen, die Deutschland geteilt hat. Das werden viele meiner Landsleute den Ungarn nie vergessen. Ich auch nicht. Und auch heute können wir Deutsche von den Ungarn lernen. Genau das versuche ich in Deutschland zu vermitteln.

Sie sagen wirklich, dass Deutschland von Ungarn lernen sollte? Was meinen Sie damit?

Fangen wir vielleicht mit dem Nationalbewusstsein an: Die Ungarn sind ein geschichtsbewusstes Volk, denn sie haben in ihrer tausendjährigen Geschichte häufig ums nackte Überleben kämpfen müssen. Deshalb wollen sie ihre Kultur, ihre Sprache bewahren. Ihre Traditionen geben ihnen Kraft und Orientierung. In Deutschland wird hingegen seit vielen Jahren versucht, die eigene Nation als etwas Schlechtes darzustellen, weil Hitler mit seiner faschistischen Schreckensherrschaft im deutschen Namen soviel Unglück über Europa gebracht hat. Übersteigerter, hasserfüllter Nationalismus und weltoffenes Nationalbewusstsein sind aber ganz unterschiedliche Dinge! Die linken Parteien in Deutschland verwischen diesen Unterschied absichtlich und verdächtigen jeden als Rechtsradikalen, der sich offen zu seinem Land bekennt. Das ist Teil ihrer Strategie und erklärt zum Teil auch die Furcht in Berlin und Brüssel vor Viktor Orbán.

Die deutsche politische Linke fürchtet Viktor Orbán?

Aber natürlich. Ungarn ist zwar ein relativ kleines Land. Aber es hat sich zu einem Gegenmodell für all das entwickelt, was linksgrüne Ideologen wollen: Die Ungarn verteidigen die klassische Familie mit Mutter, Vater und Kindern und ignorieren diesen ganzen Trans-Wahnsinn, der in Westeuropa und den USA verbreitet wird. Die Ungarn verteidigen die Grenzen Europas, während die deutsche Regierung gerade jeden Monat mehrere Tausend Afghanen mit dem Flugzeug nach Deutschland holt und die Grenzen immer weiter für die Masseneinwanderung aufreißt.
Die Ungarn verteidigen ein dezentralisiertes Europa selbstbestimmter, freiheitlicher Nationen. Sie wollen keinen EU-Superstaat, der ihnen vorschreibt, wie sie ihre Kinder zu erziehen haben. All das stellt den unerbittlichen Machtanspruch woker Ideologen in Frage, die Europa durch Brüssel auf ihre Linie zwingen wollen. Deshalb wird Ungarn zum Reich des Bösen erklärt und permanent mit Falschaussagen diffamiert. Dagegen versuche ich anzugehen.

Und welche Erfahrungen machen Sie dabei?

Ich werde immer wieder beschimpft und manchmal sogar bedroht. Aber auf der anderen Seite bekomme ich auch enormen Zuspruch. Nach jedem Interview schreiben mir Menschen und danken mir für meine pro-ungarische Haltung. Ich bin auch nicht so leicht angreifbar, weil ich kein Geld für mein Ungarn-Engagement bekomme und ehrenamtlich tätig bin. Als langjähriger Politiker der FDP kann man mich nicht einfach in die rechtsradikale Ecke stellen. Ungarn hat in Deutschland viel mehr Freunde als man meint, wenn man die Mainstream-Medien verfolgt. Diese Erfahrung motiviert mich enorm, wie auch die Herzlichkeit ungarnstämmiger Deutscher, die sehr darunter leiden, wie unfair ihre alte Heimat häufig in Deutschland behandelt wird.

Sie sagen, Ungarn hat in Deutschland viele Freunde, obwohl in der deutschen Presse häufig ein Zerrbild von Ungarn gezeichnet wird?

Sie müssen sehen, dass die mediale und politische Landschaft in Deutschland derzeit so stark in Bewegung ist wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Die klassischen Parteien und viele Medien sind so weit nach links gewandert, dass sich viele Deutsche in ihnen nicht mehr wiederfinden. Es gibt ein wachsendes Interesse an Ungarn, weil dort Überzeugungen sichtbar werden, die freiheitlich-konservative Menschen in Deutschland vermissen. Ungarn wird zum Sehnsuchtsort einer Welt, die in Westeuropa verloren geht, auch in Deutschland.

Trotz des Drucks der deutschen Regierung stimmen Ihre Unternehmen und Ihre Industrie mit den Füßen ab und investieren in Rekordzahlen in Ungarn. Wird sich dieser Trend trotz der bestehenden Dualität zwischen Handel und Politik fortsetzen oder besteht die Gefahr, dass Streitigkeiten die Geschäftsbeziehungen beeinträchtigen?

Es ist wirklich empörend, dass manche deutsche Politiker wie Frau Barley vor Investitionen in Ungarn warnen!
Aber die deutschen Unternehmen machen in Ungarn eben ganz andere, durchweg positive Erfahrungen. Und diese enge wirtschaftliche Verflechtung unserer Länder ist ein sehr stabiles Fundament für die deutsch-ungarische Freundschaft. Denn Menschen aus beiden Ländern arbeiten täglich in unzähligen Unternehmen zusammen und lernen einander schätzen. Das macht immun gegen Hass-Parolen!

Die meisten Ungarn sehen die Deutschen immer noch mit Zuneigung, als das Volk von Bach, Goethe oder auch Adenauer. Deshalb ist die Feindseligkeit, die aus der Presse und der Politik kommt, für uns so unverständlich. Aber sind Sie noch das Volk von Rilke, Bach und Goethe, oder leben wir in der Vergangenheit?

Johann Wolfgang von Goethe, der größte deutsche Dichter aller Zeiten, ist genauso unvergänglich wie Sándor Petőfi. Und genauso unvergänglich ist das enge Miteinander von Deutschen und Ungarn. Ich glaube, dass wir in Deutschland in absehbarer Zeit auch wieder eine Regierung bekommen werden, die sich zur tiefen Freundschaft unserer Völker bekennt. Schauen wir also optimistisch in die Zukunft!

Ungarn und die EU-Sanktionen gegen Russland

Ein Kommentar von Siegfried F. Franke*

Die EU hat auf den An­griffskrieg Russlands gegen die Ukraine im Februar 2022 rasch mit einer ganzen Reihe von Sanktionen reagiert. Dem aus Anlass der Annexion der Krim im Jahr 2014 erlassenen Sanktionspaket gegen Russland, das seither immer wieder verlängert und verschärft wurde, sind kurz nach dem Beginn des Krieges weitere Sanktionen erlassen worden, die sich inzwischen zu zehn weiteren »Paketen« summieren. Und es werden schon Stimmen laut, die dem zehnten »Paket« vom 25. Februar 2023 ein elftes folgen lassen wollen. Inzwischen gerät die EU mit ihrer Sanktionspolitik in eine gefährliche Sackgasse, aus der es kaum einen Ausweg zu geben scheint.

Ein großer Anspruch: Die GASP als Grundlage externer Sanktionen
Sobald Brüssel seine Werte in Gefahr sieht, greift es zu Sanktionen. Davon weiß Ungarn ein Lied zu singen, dem fortwährend nicht nur gedroht wird, sondern auch fort­laufend Mittel auf Eis gelegt oder vorenthalten werden, weil es angeblich die Rechtsstaatlichkeit mit Füßen trete und die Demokratie gefährde. Diesen internen Sank­tionen stehen externe Sanktionen gegenüber. Diese sind nach Aussage der EU ein wichtiges Instrument im Rahmen ihrer Gemeinsamen Außen- und Sicherheits­politik (GASP). Damit will sie zu Demokratie, Rechts­staat­lichkeit, Konfliktverhütung und Friedenssicherung auch in Drittstaaten beitragen.
Der »Folterkasten« enthält »restriktive Maßnahmen« bzw. »Sanktionen«, womit hauptsächlich Wirtschafts­sanktionen gemeint sind. Hinzu kommen sonstige ver­füg­bare Mittel, die sich zugleich gegen Institutionen sowie gegen natürliche und juristische Personen richten. Dazu gehören der Ausschluss von Finanzinstituten vom SWIFT-System, aber auch Reiseverbote und die Einfrie­rung oder Beschlagnahme von Vermögenswerten. Mit alldem will die EU eine Änderung der Politik in den sanktionierten Ländern bewirken. Mildernd fügt sie hinzu, dass die Sanktionen Teil eines ganzheitlichen und umfassenden politischen Ansatzes seien, zu dem auch der politische Dialog, flankierende Bemühungen und sonstige ver­füg­bare Mittel gehören.

Die Schadensbilanz
Ohne Zweifel treffen die restriktiven Maßnahmen Russland und fordern den Kreml zu Reaktionen heraus. Produktionspläne müssen geändert werden, die Lücke, die durch bislang vom Westen gelieferte Produkte und Vorprodukte entstanden ist, muss durch eine Neu­ord­nung der Lieferketten kompensiert werden, technisches Know-how ist schwer zu bekommen, Schlupflöcher müssen gesucht werden, Rohstofflieferungen in den Westen sind reduziert, Einnahmenausfälle sind aus­zugleichen, Steuern und Abgaben werden erhöht und Zahlungsabwicklungen gestalten sich schwieriger. Außerdem verlassen viele junge Leute das Land. Damit wird die ohnehin leidgeprüfte russische Bevölkerung zusätzlich belastet.
Ebenfalls nicht zu bestreiten, dass der Westen, d.h., seine Wirtschaft und letztlich auch die Bevölkerung, Schaden nimmt. Je länger die Sanktionspolitik andauert und je mehr so verschärft wird, um so mehr leiden beide Seiten. Um das festzustellen, reicht der gesunde Menschen­ver­stand. Unternehmen fahren ihre Investitionen herunter oder verlegen sie in andere Länder. Betriebe geben auf, und die ehrlich gerechnete Arbeitslosigkeit steigt. Nicht zuletzt ächzen die Bürger unter den steigenden Preisen für Nahrungsmittel und Energie. Viele können kaum noch ihre Familie über den Monat bringen.
Was die EU anlangt, so ist ehrlicherweise hinzuzufügen, dass ein nicht geringer Teil des Schadens auch corona­bedingtist. Hinzu kommen die partiell geld­mengen­bedingte Inflation sowie die Lasten, die die EU der Wirt­schaft und den Bürgern in immer kürzeren Ab­stän­den im Rahmen ihres »Green Deals« aufbürdet. Wobei, nebenbei bemerkt, die »Ampel« in Berlin beim »Green Deal« immer noch mehr draufsatteln möchte.

Die EU im Regulierungs- und Überwachungsrausch
Gegen Russland sind wohl in relativ kurzer Zeit die meisten Sanktionen verhängt worden. Die Liste restrik­tiver Maßnahmen, die seit März 2014, als Antwort auf die Annexion der Krim durch Russland bis jetzt in Kraft ge­setzt wurden, umfasst sage und schreibe 51 DIN A4-Seiten. Schaut man im Einzelnen nach, so summiert sich das alles auf eine inzwischen kaum noch überschaubare Menge an Einzelmaßnahmen.
Ministerpräsident Viktor Orbán stand den EU-Sanktionen von Anfang an aus guten Gründen skeptisch gegenüber. Zum einen zeigt die Vergangenheit, dass sich auto­kra­tische und diktatorische Systeme von Wirt­schafts­sank­tionen nicht beeindrucken lassen, wie die Beispiele Kuba, Nordkorea, Irak und Iran zur Genüge beweisen. Auch jetzt wusste Russland in kürzester Zeit Schlupflöcher aufzutun. Zum anderen erleiden Wirtschaft und Be­völ­kerung der EU-Mitgliedstaaten einen immer größer werdenden Schaden, je länger die Sanktionen andauern. Drittens besteht die Gefahr, dass die EU dabei ist, einen gigantischen Überwachungsapparat aufzubauen, um auch nur halbwegs prüfen zu können, ob die Sanktionen auch eingehalten werden. Eine weitere Machtfülle deutet sich schon an. Bislang oblag die Überwachung und die Strafverfolgung den Mitgliedstaaten. Nun ist die derzeitig schwedische Ratspräsidentschaft gehalten, einheitliche Vorschriften zu formulieren, die dann unionsweit gelten sollen.

Sogwirkung – Das gefährliche Spiel der EU
Vor allem jedoch befürchtet Orbán, dass die Europäische Union – je länger die Sanktionen anhalten und je inten­siver einige der europäischen Staaten sowie die USA durch Waffenlieferungen militärische Hilfe leisten – in den Konflikt hineingezogen wird. Diese Position hat Orbán heftige Kritik eingetragen, wobei der Vorwurf, sich unsolidarisch zu verhalten und seine Zustimmung mit Ausnahmen für den Öl- und Gasbezug aus Russland ertrotzt zu haben, noch der mildeste ist . Er greift freilich ins Leere, denn anderen Ländern – ohne es an die große Glocke zu hängen – wurden ebenfalls Ausnahmen genehmigt. Besonders perfide ist die Unterstellung, dass Orbán Putins Agent sei und dessen blutiges Geschäft betreibe. Das ist, wer Ungarn und seinen Befreiungs­kampf gegen den Kommunismus kennt, barer Unsinn. Orbán wäre der letzte, der sich für so etwas hergibt.
Brüssel und der Hohe Vertreter der EU für Außen und Sicherheitspolitik, Josep Borrell, halten sich zugute, dass EU-Sanktionen allein schon wegen ihrer Geschlossenheit ein wichtiges Signal an die autokratischen Staaten sind. Freilich blieb dieses Signal – wie die erwähnte Reihe der seit langem sanktionierten Ländern zeigt – bislang ohne Wirkung. Dass Oligarchen oder die Bevölkerung die Führung ihrer Länder beeindrucken könnten, ist ein fataler Irrtum. Dem geringsten, möglicherweise auch nur denkbaren Widerspruch wird mit brutalen Mitteln begegnet. Todesfälle, die der Kreml als Selbstmorde zu kaschieren versucht, wie auch Giftmorde, die auf west­lichem Boden ausgeführt wurden, sollten nach­denk­lich stimmen.
Vom eingangs zitierten großspurigen Anspruch, dass zu restriktiven Maßnahmen und Sanktionen auch der politische Dialog gehöre, ist bislang jedenfalls wenig zu spüren. Ganz im Gegenteil: Josep Borrell gab Anfang Februar 2023 dem Handelsblatt einen Gastkommentar mit dem Titel »Wir müssen der Ukraine den Sieg ermög­lichen.«, und er führt des weiteren aus, dass es richtig sei, dass die Verbündeten der Ukraine ihre militärische Unterstützung aufstocken. Die Aussage, dass die Ukraine siegen müsse, und dass die EU Verbündete der Ukraine sei, wird man im Kreml sicher aufmerksamer gelesen haben als das Geplapper von Annalena Baerbock, die kürzlich Russland so nebenbei den Krieg erklärte.
Glaubt Borell, glaubt Brüssel wirklich, dass Putin es zulässt, sein Gesicht zu verlieren? Was ist, wenn er sich noch lange im Kreml hält? Mit wem soll denn verhandelt werden, wenn nicht mit ihm? Das ist ungerecht und brutal, aber Geopolitik. Die Antwort kam postwendend: Russland stationiert taktische Atomwaffen in Weiß­russland – ein »schöner Erfolg« für den »Chefdiplo­maten« der EU.

Genau vor dieser gefährlichen Sogwirkung hat Orbán von Anfang an zu Recht gewarnt. Darin liegt er auf einer Linie mit Klaus von Dohnanyi, dem ehemaligen Ersten Bürger­meister von Hamburg, der ganz sicher nicht extremer Positionen verdächtig ist.

*Prof. em. (Universität Stuttgart) Dr. rer. pol. habil. ist Gastprofessor an der Andrássy Universität Budapest.

Die Ungarn wollen keine Insekten essen

Ein Beitrag von Dr. Irén Rab in »Ungarnreal«

Januar 2023: Die Ungarn wollen ihre gastronomischen Traditionen bewahren und nicht zulassen, dass ihre Essgewohnheiten verändert werden. Brüssel erlaubt den Verkauf von immer mehr Insektenarten als Lebensmittel, der die traditionellen Ernährungsgewohnheiten gefährden könnte. Hausgrillen und Larven des Getreideschimmel­käfers dürfen in der EU künftig Lebensmitteln beigemischt werden. Das hat die Europäische Kommission beschlossen. Damit dürfen in der EU nun vier Insekten zu Lebensmitteln verarbeitet werden.
Die Genehmigung gilt für die Hausgrille (Acheta domesticus) in Form eines teilweise entfetteten Pulvers. Die Larven des Getreideschimmelkäfers (Alphitobius diaperinus) dürfen gefroren, getrocknet, pulverisiert oder pastenartig als Lebensmittel in Verkehr gebracht werden. Die Insektenprodukte gelten als alternative Proteinquelle zu Fleisch oder Fisch. Sie dürfen unter anderem Brot, Nudeln, Chips oder Fleischzubereitungen zugesetzt werden. Die Entscheidung der Europäischen Kommission bedeutet, dass es nun vier Insektenarten gibt, die in der Europäischen Union kommerziell als Lebensmittel und Lebensmittelzutaten verkauft werden können. Ungarn war der einzige Mitglied­staat, der die EU-Entscheidung nicht unterstützte. Die Ungarn wollen keine Insekten essen.

Laut einer Umfrage des Nationalamtes für die Sicherheit der Nahrungsmittelkette (Nébih) würden weniger als 5 Prozent der Verbraucher gerne Lebensmittel aus Insekten essen, und mehr als 70 Prozent lehnen diese Möglichkeit strikt ab. Der Agrarminister István Nagy kündigte an, dass das Ministerium die Lebensmittelkennzeichnungs­verordnung ändert, um den Verbrauchern authentische und genaue Informationen zu geben. So können Produkte, die Insektenproteine enthalten, in den Regalen der Geschäfte klar unterschieden und getrennt werden. Die Ver­schärfung sieht vor, dass die Inhaltsstoffe auf der Verpackung deutlich angegeben werden müssen. Diese Produkte müssen dann in den Geschäften getrennt in separaten Regalen ausgestellt werden.

»Es ist wichtig, dass wir unsere gastronomischen Traditionen bewahren und nicht zulassen, dass unsere Essgewohn­heiten verändert werden.« sagte der Agrarminister. Er fügte hinzu, dass Ungarn – Dank des Fleißes und der Beharr­lich­keit der ungarischen Landwirte  – über eine Fülle hochwertiger Rohstoffe verfügte, frischer, gesunder und hochwer­tiger Lebensmittel, so dass wir keinen Müll essen müssen.

Ungarn und die EU-Fördermittel: Es geht um politische Richtungsfragen

Ein Kommentar von Gerhard Papke im Meinungsmagazin  »Tichys Einblick«

Dezember 2022: Die Europäische Union hat entschieden, Ungarn bis auf weiteres erhebliche Fördermittel vorzuenthalten, die dem Land eigentlich zustehen. Doch die wesentliche Begründung für diese Entscheidung, Ungarn müsse mehr Anstrengungen unternehmen, um eine ordnungsgemäße und korruptionsfreie Vergabe von EU-Mitteln zu garantieren, mutet gerade in diesen Tagen reichlich seltsam an. Schließlich vergeht kaum ein Tag mit neuen Enthüllungen über korrupte EU-Abgeordnete. Die Verdächtigen gehören übrigens bisher allesamt zur Fraktion der Sozialisten, die Ungarn besonders scharf kritisiert.

In der Sache kann es selbstverständlich keinen Dissens darüber geben, dass die Vergabe öffentlicher Aufträge in allen Staaten der EU transparent und geschützt vor Korruption erfolgen muss! Das gilt für Ungarn wie für alle anderen Staaten. Es war deshalb richtig, dass die ungarische Regierung in monatelangen Verhandlungen mit der EU-Kommission eine Reihe von Verbesserungsvorschlägen aufgegriffen und in nationales Recht umgesetzt hat.

Die EU-Kommission hat dies zunächst auch durchaus gewürdigt, wurde aber von der linken Mehrheit im EU-Parlament gedrängt, zusätzliche Forderungen zu stellen. Dass es dabei natürlich ganz wesentlich um politische Richtungsfragen geht, lässt sich einem Zitat des Grünen-Politikers und erklärten Ungarn-Gegners Daniel Freund entnehmen: »Wenn wir nicht mit Ungarn klarkommen, wie wollen wir dann mit Polen oder Italien fertig werden?«

Es steht also leider zu fürchten, dass angebliche Defizite bei der »Rechtsstaatlichkeit« auch weiterhin in Brüssel politisch instrumentalisiert werden, um gegen eine Politik der nationalen Selbstbestimmung in Europa vorzugehen. Glaubt irgendjemand, dass die EU an ihrem harten Kurs gegen Ungarn festgehalten hätte, wenn bei den Parlamentswahlen am 3. April ein Regierungswechsel erfolgt wäre?

Ungarn wird sicherlich alles unternehmen, um die aktuell eingefrorenen 6,3 Mrd. Euro aus den Kohäsionsfonds freizubekommen. Immerhin wurde die ursprünglich vorgesehene Summe von 7,5 Mrd. Euro in den Verhandlungen um 1,2 Mrd. Euro reduziert. Ein wichtiger Erfolg war vor allem, dass die EU den ungarischen Plan zur Verwendung der 5,8 Mrd. Euro aus dem Corona-Wiederaufbaufonds genehmigt hat. Sonst wären 4 Mrd. Euro zum Jahresende verfallen. Allerdings bleibt auch die Freigabe dieser Mittel einstweilen blockiert.

Die weiteren Verhandlungen über die Freigabe der Ungarn zustehenden Mittel müssen also zeigen, ob noch Brücken zu den Ländern geschlagen werden können, die sich dem Brüsseler Zentralismus und der dortigen Dominanz grün-linker Weltanschauungen verweigern. Ansonsten geht die Europäische Union schweren Zeiten entgegen.

Ungarn: Heute und gestern – zum Verständnis des mittelost-europäischen EU-Mitglied­­staates

August 2022 | Eine kommentierende Rezension von Siegfried F. Franke

Ungarn steht seit dem Regierungswechsel von 2010 in der Dauer­kritik. Die Listenverbindung des ungarischen Bürgerbundes (Fidesz) mit den ungarischen Christdemokraten (KDNP) errang eine klare Zwei-Drittel-Mehrheit und brachte ihren Spitzen­kandi­daten, Viktor Orbán, ins Ministerpräsidentenamt. Orbán war 1998 bereits einmal zum Ministerpräsidenten gewählt worden. Er konnte nach der Wahl 2002 nur deshalb das Amt nicht fortsetzen, weil es die »Liberalen« vorzogen, sich mit der sozial­demo­krat­ischen MSZP zu verbünden, die nur mühsam ihre kom­mu­nis­ti­schen Wurzeln übertünchen konnte.

Das änderte sich mit der erneuten Wahl von 2010. Die Vorgänger­regierungen hatten das Land finanziell und wirtschaftlich derart an die Wand gefahren, dass die Wähler der Listenverbindung von Fidesz und Christdemokraten mit dem Spitzenkandidaten Viktor Orbán eine Zwei-Drittel-Mehrheit bescherten. Aufgrund seiner erfolgreichen Politik konnte er mit der gleichen Listenverbindung die drei folgenden Wahlen (2014, 2018 und 2022) für sich entscheiden. Wer nun wissen möchte, was die notorisch frei­heit­lich-kritischen Ungarn (s. dazu Bauer 2022) bewogen hat, ihn und seine Listen­verbindung Vorgänger­regie­rungenwiederholt mit deutlichem Vertrauen zu bedenken, sollte das breit gefächerte Buch von Zoltán Szalai und Balázs Orbán zur Hand nehmen.

Ein Teil der insgesamt 29 Beiträge beleuchtet die Ent­wicklung des »ungarischen Staates«, dessen Wurzeln mehr als 1000 Jahre zurückreichen, aus historischer, gesellschaftlicher, staatsrechtlicher, politischer und wirtschaftlicher Sicht (Teil »Ungarn damals«, 113 ff.). Vor diesem Hintergrund tragen weitere Beiträge zum Verständnis der staatsrechtlichen Fundamente des »heutigen« ungarischen Staates bei, und sie erläutern Ungarns Position in nationaler und internationaler Sicht (Teile »Ungarn heute«, 9 ff.; »Ungarische Denkweise«, 225 ff.; »Ungarn international« 347 ff.).

Man kann versuchen, das Buch am Stück zu lesen, man kann es jedoch immer wieder mal zur Hand nehmen, um einzelne Aspekte nicht nur nachzulesen, sondern zu vertiefen und nachzuvollziehen, um die ungarische Politik im Innern, aber auch nach außen im Blick auf die EU und die internationale Einbindung zu verstehen.

Breites Wissen über Mentalität des ungarischen Volkes und die entsprechende Politik

Wer sich darauf einlässt, wird nicht nur mit einem breiten Wissen über die Mentalität des ungarischen Volkes und die entsprechende Politik belohnt, sondern begreift, dass ein wesentlicher Teil der Kritik an Ungarn oberflächlich und oftmals opportunistisch-nachgeplappert erscheint, auf jeden Fall jedoch geschichtsfern, ideologisch und für die gedeihliche Zusammenarbeit mit der EU und deren Weiterentwicklung nachgerade gefährlich ist.

Ein Teil der Kritik stellt darauf ab, dass Orbán und seine Regierung die Gesellschaft spalten. Natürlich gibt es unterschiedliche Meinungen über Ziele und Mittel der Politik. Das ist zentral für freiheitlich-demokratische Gesellschaften, begründet jedoch keine dauerhafte und tiefergehende Spaltung. Das wird auch in den historisch und staatsrechtlich angelegten Artikeln des Buches klar herausgearbeitet. Gleichwohl ist nicht zu bestreiten, dass man die ungarische Gesellschaft heute in vielfacher Sicht als gespalten wahrnehmen kann. Es ist jedoch verfehlt, dies der derzeitigen Regierung anzulasten. Der tiefere Grund dafür liegt in der parteipolitischen Entwicklung nach der sogenannten Wende (Gergely Gulyás, 11 ff.). In deren Folge bildeten sich zum einen neue Parteien konservativ-freiheitlichen Zuschnitts, während sich zum anderen sozialistisch bzw. sozialdemokratisch orientierte Parteien sozusagen aus dem Fundus der alten kom­munis­tischenkommunis­tischen Partei formten. Ihre Funktionäre und Mitglieder bestanden zu einem nicht geringen Teil aus nur oberflächlich gewendeten ehemaligen Kommunisten. Auch wenn es im Kampf um Macht und Einfluss auf dieser Seite etliche Umgrup­pierungen und Neugründungen gegeben hat, so hält diese Spaltung – obschon es einem Teil der Sympathi­santen der derzeitigen Oppositionsparteien gar nicht bewusst sein mag – bis heute an.

Widersprüche im EU-Erweiterungsprozess

In diesem Zusammenhang sei auf einen der Wider­sprüche im Erweiterungsprozess der EU hingewiesen, die Brüssel – hier als Sammelbegriff für die zentralen EU-Institutionen gemeint – bis heute tradiert. Man mag sich fragen, ob sie sich dessen überhaupt bewusst ist. Ob die – neben Malta und Zypern (griechisch orientierter Teil) – 2004 und 2007 in die EU aufgenommenen Länder tatsächlich alle Aufnahmekriterien erfüllten, sei an dieser Stelle dahingestellt. Eines der wesentlichen Motive für die Aufnahme war nämlich die Sorge, dass eine weitere Verzögerung des Beitritts zur EU auch den erhofften Schub für den wirtschaftlichen Aufschwung verzögert. Die damit verbundene Enttäuschung der Bevölkerung berge die Gefahr einer Wiedererstarkung von Parteien in sich, die nach wie vor mit einer sozialistischen Plan­wirtschaft liebäugeln.

Umso erstaunlicher ist, dass die EU schon vor 1998 eher mit diesen parteipolitischen Strömungen kooperierte als mit jenen Parteien, die – anknüpfend an die ungarische Geschichte – konservativ-bürgerliche Werte als tragende Säulen einer freien und demokratischen Gesellschaft ins Bewusstsein heben und ihre Politik dran ausrichten wollen.
Wundern muss das den Leser des facettenreichen Bandes nicht, denn zum einen haben sich die Kritiker weder in Brüssel noch in anderen westeuropäisch orientierten EU-Mitgliedstaaten offenkundig kaum mit der Geschichte Ungarns und mit den Motiven der ungarischen Politik vertraut gemacht. Zum anderen ist nicht von der Hand zu weisen, dass sich die Brüsseler Institutionen, d.h., die Kommission und das Parlament mit eifriger Unterstützung durch den Europäischen Gerichtshof, eine starke Zentrale wünschen und jede Gelegenheit nutzen, um die Souveränität ihrer Mit­glied­staaten einzuhegen, und zwar ohne Rücksicht darauf, dass Brüssels Souveränität von den Souveränitäten der Mitgliedstaaten abgeleitet ist, ohne dass diese damit ihre Souveränität aufgeben (Balázs Orbán, 349 ff.). So sah es übrigens auch das deutsche Bundesverfassungsgericht in einem Beschluss von 1974.

Übergriffigkeit der Kommission

Jüngste Beispiele für die Übergriffigkeit der Kommission sind der zunächst ohne jede Absprache mit den Mitgliedstaaten in die Welt gesetzte »Gas-Notfallplan« sowie die Klage gegen Ungarn wegen des im letzten Jahr verabschiedeten Gesetzes, das den Eltern das alleinige Recht zur Sexualerziehung ihrer Kinder bis zum Alter von 18 Jahren einräumt. Wieso dieses Gesetz gegen LGTB-Rechte verstoße, ist nicht ersichtlich. Allein schon der Gang nach Luxemburg ist im Grunde genommen ein krasser Eingriff in die inneren Angelegenheiten eines Mitgliedstaates. Leider steht zu vermuten, dass der EuGH großzügig darüber hinweggehen wird.

In der Regel kommen Kritik und Klagebegründungen mit den hehren europäischen Werten daher. Ziemlich dreist für ein Institutionengebilde, das nach Meinung eines hochrangigen EU-Politikers (Martin Schulz) bis heute seine demokratischen Defizite nicht mal ansatzweise zu beheben versucht. Dafür wird immer wieder mit mahnendem Unterton Viktor Orbáns Rede von der »illiberalen Demokratie« thematisiert. Zugegeben, der Begriff ist aus westeuropäischer Sicht geschichtsbelastet und wäre besser vermieden worden.

Wer sich indessen nicht an Begriffen festbeißen will, sondern nach den Hintergründen fragt, wird schnell feststellen, dass der Begriff aus osteuropäischer, mindestens jedoch aus ungarischer Sicht eine tiefere Bedeutung aus seiner geschichtlichen Entwicklung erfährt, und dass er auf christlichen Werten basiert (Tamás Demeter, 273 ff.).

Aus ungarischer Sicht führte ein falsch verstandener Liberalismus, zur Zerstörung der gesellschaftlichen Mitte einschließlich des Adels. Verfassungsrechtlich ist der ungarische Staat zur Neutralität gegenüber welt­an­schau­lichen Einstellungen der Bevölkerung verpflichtet. Das ist gelebter Liberalismus, der jedoch nicht dahin münden darf, der EU zu erlauben, nationale Besonderheiten möglichst einzuebnen und gesellschaftliche Institutionen, die auf christlicher Basis beruhen, zu schleifen.

Wer einen Blick in die rund 1000-jährige Geschichte Ungarns mit seinen vielen und oft existenzgefährdenden Katastrophen wirft, kann nur staunen, dass und wie es dieser Schicksalsgemeinschaft immer wieder gelungen ist, ihre Identität und Staatlichkeit zu bewahren sowie zu neuer kulturellen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Blüte aufzusteigen.

Blick auf ungarische Staatssymbole

Um dies zu verstehen, ist es hilfreich, ein Blick auf die ungarischen Staatssymbole und dabei insbesondere auf die Stephanskrone zu werfen (Attila Horváth, 115 ff.). Stephan I. wurde, nachdem er sich zum Christentum bekannt und das Land christianisiert hatte, von Papst Silvester bzw. seinem Beauftragten am 17. August 1.000 zum König von Ungarn gekrönt. Damit ist auch die rechtliche Unabhängigkeit des Landes verknüpft. Die Stephanskrone hat eine wechselvolle Geschichte, bedeutsam ist jedoch, dass sie eine eigene Rechts­per­sön­lich­keit besitzt.

Dieses ungewöhnliche Rechtskonstrukt ist nicht ganz leicht zu verstehen und stößt sich zunehmend mit säkularem Denken. Allerdings ist es gerade diese Eigenschaft der Krone, die es ermöglichte, die nationale Identität und souveräne Staatlichkeit über alle Irrungen und Wirrungen hinweg als unveränderlichen Kern Ungarns zu behaupten und nach Unterdrückungen und Katastrophen immer wieder daran anzuknüpfen (Tamás Wetzel, 505 ff.).
Sie erlaubt es auch, ethnische Ungarn mit einzubeziehen, die sich nach Trianon plötzlich in anderen Staaten wiederfanden. Diese Bedeutung, an der auch die derzeitige ungarische Regierung mit ihren Reformen ab 2010 anknüpft, wird von der EU, aber auch von an anderen Kritikern völlig verkannt bzw. mit nachsichtig lächelndem Spott bedacht.

Dass die Stephanskrone für Ungarn eine tiefwurzelnde Bedeutung für seine Identität und Souveränität hat, konnte hier nur kurz dargestellt werden. Ich habe diese Bedeutung bewusst ans Ende meiner Besprechung gelegt, und ich verbinde damit die Hoffnung, dass sich – dem europäischen Leitwort der »Einheit in Vielfalt« entsprechend – die »europäischen Eliten« künftig intensiver mit der ungarischen Geschichte beschäftigen, bevor sie vorschnell Kritik kundtun und Klagen vor dem EuGH anzetteln, denn »strukturelle Differenzen« und »kulturelle Unterschiede« zwischen den Mitgliedstaaten verschwinden nicht (Zoltán Szalai, 197).

Das ist auch gar nicht wünschenswert, denn wo bliebe bei einer weitgehenden Nivellierung die »Vielfalt« in der »Einheit«? Dies ist nicht zuletzt den deutschen Meinungs­trägern nahezulegen, zumal die positive Einstellung, die Ungarn Deutschland entgegenbringt, bis in die Zeit von vor 1848 zurückreicht (Gergely Gulyás, 11 ff.).

Fazit: Facettenreiche Fundgrube zum Verständnis des heutigen Ungarn

Abschließend ist festzuhalten, dass das von Zoltán Szalai und Balázs Orbán herausgegebene Buch eine facetten­reiche Fundgrube zum Verständnis des heutigen Ungarns ist. Ich habe versucht, aus meiner Sicht einige zentrale Überlegungen darzustellen, verstehe aber auch, wenn Leser den einen oder anderen Aspekt vermissen, so z.B. die Darstellung der Wissenschaft (Áron Máthé, 167 ff.) sowie die Feststellung, dass die Juden – im Unterschied zu manchen anderen EU-Mitgliedstaaten – sich völlig frei bewegen und entfalten können (Slomó Köves, 369 ff.). Ähnliches gilt für andere nationale Minderheiten, so etwa für die Ungarndeutschen (András T. Balogh, 185 ff.). Dass in diesem Zusammenhang auch der Wirtschaft in nationaler und internationaler Sicht eine besondere Bedeutung zukommt, wird im Teil »Ungarische Wirtschaft und Gesellschaft« thematisiert (431 ff.). Hingewiesen sei hier deshalb lediglich auf die wirtschaftlichen Bande mit Deutschland.
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**Bence Bauer (2022): Essay über den Individualismus und Freiheitsbegriff im ungarischen Denken. Der Freiheitsdrang der Ungarn, in: Budapester Zeitung, Magazin, Nr. 13, 08.07.2022, 5-9.
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Zum Verfasser: Prof. em. Dr. habil. Siegfried F. Franke (Abb.:), Jahrgang 1942, lehrte Wirtschaftspolitik und Öffentliches Recht an der Universität Stuttgart sowie Wirtschaftspolitik an der Andrássy Universität Budapest. Franke ist Gastprofessor an der Andrássy Universität Budapest, Mitglied der Deutsch-Ungarischen Gesellschaft und Autor zahlreicher Publikationen.
Zum Verfasser: Prof. em. Dr. habil. Siegfried F. Franke (Abb.:), Jahrgang 1942, lehrte Wirtschaftspolitik und Öffentliches Recht an der Universität Stuttgart sowie Wirtschaftspolitik an der Andrássy Universität Budapest. Franke ist Gastprofessor an der Andrássy Universität Budapest, Mitglied der Deutsch-Ungarischen Gesellschaft und Autor zahlreicher Publikationen.

Die ungarische Wahl aus deutscher Sicht – ein Kommentar von G. Papke

April 2022: Das war für Politik und Medien in Deutschland schon eine gewaltige Überraschung, als sich am Wahlabend schnell der fulminante Sieg von Viktor Orbán abzeichnete. Schließlich hatten viele deutsche Berichte über den Wahlkampf in Ungarn in den letzten Monaten eher wie Werbespots für die Oppositionsparteien gewirkt. Deutsche Europaabgeordnete von SPD, Grünen, FDP und CDU hatten einmütig zur Abwahl von Orbán aufgerufen. Und dann ein solches Ergebnis!

Wer die Stimmung in Ungarn in den vergangenen Wochen erlebt hat, konnte allerdings vom Wahlsieg Orbáns nicht wirklich überrascht sein. Es war spürbar, dass die Regierung beim Umgang mit dem Ukraine-Krieg genau die Meinung der ungarischen Wähler traf: ein eindeutiges Bekenntnis zum westlichen Bündnis, doch gleichzeitig ein klares Nein zu allen Versuchen, die Nato in den Krieg hineinzuziehen. Die Ungarn tragen die Sanktionen gegen Russland mit, sind aber strikt gegen ein umfassendes Energie-Embargo.

Versuche der Opposition und aus dem westlichen Ausland, Orbán als Putin-Vertrauten zu diffamieren, gingen völlig daneben. Die Ungarn haben inzwischen mehr als 600.000 Flüchtlingen aus der Ukraine Zuflucht gewährt. Sie wollen helfen, aber keine Kriegspartei werden.

Die Ungarn lieben ihr Land und sind stolz darauf. Der Schutz ihrer Grenzen vor ungesteuerter Massenzuwanderung aus islamischen Ländern ist für sie ebenso selbstverständlich wie ihr Bekenntnis zur klassischen Familie. In der ungarischen Verfassung steht, dass eine Mutter eine Frau ist und ein Vater ein Mann. Mit einer Transgender-Debatte, wie sie in Deutschland geführt wird, würde man in Ungarn nur blanke Fassungslosigkeit ernten. Die Ungarn sind überzeugte Europäer, wollen aber selbst über ihre Zukunft entscheiden und sich nicht aus Brüssel fremdbestimmen lassen.

Genau aus diesen Gründen ist Ungarn unter der Regierung Orbán zum Hauptgegner des linken Mainstreams in Westeuropa geworden. In der Hoffnung, zur Ablösung Orbáns beitragen zu können, kannte die Diffamierungskampagne aus Brüssel und in vielen deutschen Medien in den vergangenen Monaten praktisch keine Grenzen mehr. Blindwütige Beschimpfungen, etwa der SPD-Politikern Katarina Barley, Ungarn sei eine Diktatur, empfinden nicht nur ungarische Bürger als ehrabschneidend, sondern auch die vielen Freunde Ungarns in Deutschland. Unvergessen ist auch die Ansage des niederländischen Regierungschefs Mark Rutte: „Wir wollen Ungarn in die Knie zwingen!“ Doch die Ungarn lassen sich nicht in die Knie zwingen. Das haben sie bei der Parlamentswahl erneut unter Beweis gestellt.

Viktor Orbán hat die vierte Wahl hintereinander mit absoluter Mehrheit gewonnen. Im Parlament verfügt seine Regierung erneut über eine Zweidrittelmehrheit. Die Ungarn sind ein zutiefst freiheitsliebendes Volk, das in den gut 1.000 Jahren seiner staatlichen Existenz permanent ums eigene Überleben kämpfen musste. Der Volksaufstand von 1956 gegen die kommunistische Unterdrückung ist im Land unvergessen. Die Ungarn lassen sich keine Diktatur gefallen. Wer meint, ihr demokratisches Votum sei das Resultat von Unterdrückung und Wahlmanipulation, hat keine Ahnung oder will es aus ideologischen Gründen einfach nicht besser wissen!

Natürlich kommt das ungarische Wahlrecht der stärksten Partei entgegen: 106 der 199 Parlamentsmandate werden über Wahlkreise vergeben, lediglich 93 über Parteienlisten. Eine Verrechnung der Direkt- mit den Listenmandaten wie in Deutschland findet nicht statt. Aber ähnliche Regelungen gibt es auch in anderen Ländern Europas, am extremsten in Großbritannien mit einem reinen Mehrheitswahlrecht. Spricht man ihnen deshalb die demokratische Legitimation ab?

Sechs ungarische Oppositionsparteien hatten zur Wahl ein Bündnis gebildet, um in den Wahlkreisen mit nur jeweils einem Kandidaten anzutreten. Das war mit Blick auf das Wahlrecht verständlich. Was im Westen zur „Hoffnung für die ungarische Demokratie“ hochgejubelt wurde, sah aus Sicht vieler Ungarn ganz anders aus: Das Bündnis von „Kommunisten bis Faschisten“, wie es ihr Spitzenkandidat Péter Márki-Zay offen benannte, erweckte großen Argwohn.

Zumal die bestimmende Kraft dabei eindeutig die Postkommunisten unter der Regie des früheren Ministerpräsidenten Gyurcsány waren. Er hatte 2006 als amtierender Regierungschef in einer publik gewordenen internen Rede zugegeben, die Öffentlichkeit gezielt belogen zu haben, um die Wahlen zu gewinnen. Seitdem ist er für die allermeisten Ungarn ein rotes Tuch. Diese Geschichte kennt in Ungarn jeder. In Deutschland wurde darüber aber ebensowenig berichtet wie über die schlimmen antisemitischen Aussagen von Jobbik-Politikern, am rechten Rand des Oppositionsbündnisses. Wenn es gegen Orbán geht, interessiert sich die politische Linke in Brüssel und Berlin plötzlich nicht mehr für objektive Berichterstattung.

Orbáns Wahl hat erhebliche Auswirkungen auf die Europäische Union: Ungarn bleibt die Trutzburg eines föderalen Europas, das sich zur Vielfalt seiner Völker bekennt und nicht bereit ist, demokratische, nationale Selbstbestimmung zugunsten Brüsseler Einheitslösungen aufzugeben. Das ist keine Politik gegen Europa, wie immer behauptet wird, sondern ganz im Gegenteil der einzige Weg, um Europa politisch zusammenzuhalten. Diese Überzeugung ist durch die ungarische Wahl in ganz Europa massiv gestärkt.

Denn spätestens seit der ungarischen Wahl sollte allen klar sein, dass die Völker Mitteleuropas keinen westeuropäischen Kulturimperialismus akzeptieren werden, der ihnen vom linken und linksliberalen Milieu verordnet werden soll. Die Ungarn wollen ihre Kinder so erziehen, wie sie es wollen und so leben, wie es ihren eigenen Vorstellungen entspricht. Andere Nationen in Europa sehen das bestimmt genauso. Viele von uns Deutschen übrigens auch!

Was hat Brüssel im ungarischen Wahlkampf zu suchen?

März 2022 | von Prof. em. Dr. Siegfried F. Franke

Brüssel beharrt bis heute darauf, dass sich die EU ohne Wenn und Aber westeuropäisch ausrichten müsse. Sie will nicht wahrhaben, dass der Beitritt der mittelosteuropäischen Staaten auch eine Werteerweiterung bedeutet, die in der Kultur und oft leidvollen Geschichte dieser Staaten wurzelt. Man konnte daher buchstäblich darauf warten, dass Brüssel kurz vor dem Urnengang in den ungarische Wahlkampf zugunsten der Oppositionsparteien eingreift, um die von der bisherigen Regierung vertretenen Werte endlich kippen zu können.

Lange Zeit sah es zwischen der Regierungsliste und der Oppo­sitions­liste nach einem Kopf an Kopf-Rennen aus. Das änderte sich nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine zugunsten der von Viktor Orbán geführten Regierung. Folgerichtig mischte sich Donald Tusk, Vorsitzender der Europäischen Volkspartei im Europäischen Parla­ment, rasch und ziemlich ungehörig in den Wahlkampf ein. Sich in die Wahlen eines Mitgliedstaates einzumischen, ist respektlos, und es war zudem ein Affront gegenüber der Christlich-Demokratischen Volks­partei (KDNP), die Mitglied der EVP ist. Zugleich ist die KDNP mit dem Fidesz, der Partei von Orbán, in einer Liste verbunden. Die Einlassung, er sei nicht als EVP-Vorsitzender, sondern als Vorsitzender der polnischen Bürgerplattform PO gekommen, klingt reichlich billig. Der Jahrestag zum 15. März 1848 spielt für Ungarn als Beginn der Freiheitskämpfe eine besondere Rolle. An einem solchen Tag bei Kundgebungen der Opposition aufzutreten, brüskiert auch Regie­rungskritiker. Als »Krönung« des Ganzen verglich er überdies den amtierenden Ministerpräsidenten, Viktor Orbán, mit Wladimir Putin.

Dass Brüssel nervös geworden ist, zeigen zudem die Einlassungen von Katarina Barley, die schon seit Jahren, vor allem aber seit Mitte 2021 und auch jetzt im Wahlkampf, nahezu im Stundentakt Tweets absetzt, um Ungarn als Hort eines Diktators zu brandmarken. Dabei ist stets das ungarische Wahlrecht ein Stein des Anstoßes. Es ist in der Tat außerordentlich kompliziert und begünstigt – pointiert formuliert – im Sinne einer stabilen Regierung die stärkste Partei. Davon profitierte bislang die Regierungsliste. Ähnliche Regelungen sind z.B. in Griechenland, dem Vereinigten Königreich und Frankreich zu verzeichnen, weshalb die »Venedig-Kommission« des Europarates das ungarische Wahlrecht nicht beanstandet hat.

Die jeweils stärkste Partei oder Liste kann sich jedoch nicht sorglos zurücklehnen, denn es kann durchaus zugunsten der bisherigen Opposition ausschlagen. So nimmt es nicht wunder, dass die ungarische Opposition bei der Parlamentswahl im Frühjahr 2018 keine Kritik am Wahlrecht geäußert hat, weil sie Siegeschancen sah. Kurz zuvor hatte sich nämlich bei der Bürgermeisterwahl in der Stadt Hódmezővásárhely Péter Márki-Zay als parteiunabhängiger Kandidat gegen den Kandidaten der Regierungspartei (Fidesz) durchgesetzt, weil die linken Oppositionsparteien mit der rechtsorientierten Jobbik zu eine Liste bildeten. Bei der zwei Monate später stattfindenden Parlamentswahl kam eine solche Verbindung indessen nicht zustande, so dass Orbán abermals einen deutlichen Sieg einfahren konnte. Danach war das Geschrei der Opposition, dass das Wahlrecht undemokratisch und unfair sei, groß, und man rief zu Demonstrationen auf. Das ist – mit Verlaub – unglaubwürdig.

Die Opposition war bislang zersplittert und ein Totalausfall. Natürlich war nicht zu erwarten, dass Orbán auch noch die Oppositionsarbeit koordinierte. Seit den Kommunalwahlen im Oktober 2019 zeichnete sich jedoch eine kleine Wende ab, weil sich Oppositionsparteien von ziemlich links bis rechts zu Listenvereinbarungen zusammenschlossen, und so dem Fidesz einige Bürgermeisterämter abnehmen konnte, darunter den prestigeträchtigen Posten des Oberbürgermeisters von Budapest. Diese Erfolge haben die Oppositionsparteien bestärkt, auch für die Parlamentswahl im Frühjahr 2022 eine gemeinsame Liste aufzustellen. Fraglich ist, ob dieser Zusammenschluss in der täglichen politischen Arbeit stabil bleibt. Auf Deutschland übertragen würde das bedeuten, dass sich die Linke, die CDU/CSU und die AfD zusammenschließen, um die »Ampel« abzulösen. Im Fall eines Wahlsiegs 2022 dürfte der Streit, wer die wichtigen Ressorts übernimmt (Justiz, Inneres, Äußeres, Finanzen), zu Zerreißproben führen. Das zeichnete sich schon bei der Frage ab, wer als Spitzenkandidat für das Amt des Ministerpräsidenten fungieren soll. Gedacht war zunächst an den Oberbürgermeister von Budapest, Gergely Karácsony, dann kam Klára Dobrev, Ehefrau des ehemaligen Ministerpräsidenten Ference Gyurcsány ins Spiel, und schließlich wurde es Péter Márki-Zay, der erwähnte parteilose Bürgermeister von Hódmezővásárhely. Dieser hat jedoch mit etlichen Aussagen potentielle Wähler und die in der Liste zusammengeschlossenen Parteien verwirrt. So ist beispielsweise unklar, ob und inwieweit er die bisherige Flüchtlingspolitik der Regierung fortführen oder ändern will. Auch konnte er es nicht lassen, Orbán indirekt mit Putin zu vergleichen, in dem er forderte, man brauche mehr Europa und weniger Putin.

Katarina Barley, Vize-Präsidentin des EU-Parlaments, äußerte zudem Kritik an den »Kardinalsgesetzen«. Mit dieser ungarischen Besonderheit sind Regelungsbereiche gekennzeichnet, die üblicherweise einfach-gesetzlich beschlossen werden, die aber dennoch einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament bedürfen. Sie sind keine Erfindung der jetzigen Regierung. Nach der Wende wollte man damit verhindern, dass eine etwaige wieder zur Macht kommende kommunistische Mehrheit mit einfacher Mehrheit Gesetze ändern könnte. Dass kommunistische Verhältnisse auf absehbare Zeit wieder eintreten könnten, ist wohl auszuschließen, allerdings ist die von Orbán geführte Regierung offensichtlich der Auffassung, dass liberalistische Kräfte auf ein Klima hinarbeiten, in dem christliche Werte und die Besinnung auf die eigene Geschichte keine Rolle mehr spielen. Insofern dienen die »Kardinalsgesetze« dazu, die Richtungsentscheidungen, die von der Fidesz dominierten Koalitionsregierung getroffenen wurden, zu stabilisieren und dauerhaft zu verankern. Es ist allerdings nicht abwegig zu vermuten, dass die derzeitige Opposition, falls sie mit ihrer Einheitsliste Erfolg hat, Mittel und Wege finden wird, um auch mit einfacher Mehrheit Richtungsänderungen einzuleiten. Sollte sie sogar eine Zwei-Drittel-Mehrheit erringen, wird sie die »Kardinalsgesetze« sicher nicht aufheben.

Demokratie lebt von Kritik, sie darf jedoch nicht in Häme ausarten. So forderte Katarina Barley 2020, dass Staaten wie Polen und Ungarn aushungert werden müssten. Eine reichlich arrogante und geschichtsvergessene Aussage. Man sollte alles etwas tiefer hängen und davon absehen, Staaten, die nicht vorbehaltslos nach der Brüsseler Pfeife tanzen wollen, zu Parias zu erklären.

Prof. em. Dr. Siegfried F. Franke, Jahrgang 1942, lehrte Wirtschaftspolitik und Öffentliches Recht an der Universität Stuttgart und Wirtschaftspolitik an der Ándrassy Universität Budapest. Franke ist Mitglied der Deutsch-Ungarischen Gesellschaft und Autor zahlreicher Publikationen.

Ungarn und der Krieg in der Ukraine

Freiwillige helfen ankommenden Flüchtlingen am Budapester Westbahnhof. / © Zoltán Balogh/MTI
5. März 2022

Wir alle verfolgen seit Wochen mit Entsetzen den Krieg in der Ukraine und hoffen, dass er bald ein Ende findet! Ungarn ist als Nachbarland natur­ge­mäß besonders betroffen. Bisher sind bereits mehr als 200.000 Menschen nach Ungarn geflüch­tet und werden dort mit enormer Hilfsbereitschaft aufgenommen.
Die Ungarn breiten die Arme aus, wenn europäische Kriegs­flüchtlinge kommen, vor allem Frauen und Kinder. Klar ist, dass die EU Ungarn wie auch die anderen betroffenen Länder bei der Bewältigung der Flücht­lings­katastrophe nicht allein lassen darf.
Ungarn hat sich sämtlichen Sanktionen der EU gegen die russische Aggression angeschlossen, will aber keine Waffentransporte über die ungarisch-ukrainische Grenze zulassen. Die Regierung fürchtet um die Sicherheit der ungarischen Siedlungen jenseits der Grenze, will das Land aber auch generell unbedingt aus dem Krieg heraushalten.
Die NATO hat diese Haltung inzwischen für sämtliche Bündnispartner bekräftigt. So schlimm die Ereignisse in der Ukraine auch sind. Niemandem ist damit gedient, daraus einen europäischen Flächenbrand entstehen zu lassen.

»Die Ungarn entscheiden alleine!« – Gastkommentar des DUG-Vorsitzenden in der Budapester Zeitung

28. Januar 2022

Den Gastkommentar Gerhard Papkes zu den bevorstehenden ungarischen Parlamentswahlen in der aktuellen Ausgabe der Budapester Zeitung laden Sie bitte hier herunter.

Viktor Orbán zum Abschied von Angela Merkel

Dezember 2021

Zum Abschied von Angela Merkel als Bundeskanzlerin hat der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán eine Erklärung veröffentlicht, die seine große Bewunderung für Helmut Kohl zum Ausdruck bringt, aber auch Einblick gibt in ganz unterschiedliche Sichtweisen in Deutschland und Ungarn. 
Wir dokumentieren den ungekürzten Text im Wortlaut.

65. Jahrestag – Gedenken an den ungarischen Volksauf­stand

Ungarn gedenkt am 23. Oktober der Revolution von 1956 gegen die kommunistische Unter­drü­ckung. Der Ungarische Volksaufstand ist ein Meilenstein der euro­päischen Freiheitsge­schich­te. Gerade wir Deutschen sollten den Ungarn dankbar sein. Sie haben uns gehol­fen, die Ein­heit unseres Landes zurück­zuge­win­nen, gemein­sam mit der Einheit Europas. Die Ungarn sind überzeugte Europäer und unsere Freunde. Wir können uns glücklich schätzen, sie an unserer Seite zu wissen.

Interview mit Gerhard Papke in der »Neuen Osnabrücker Zeitung«

1. Juli 2021

Mit der Aufforderung des niederländischen Premiers, Ungarn solle doch aus der EU austreten, erreicht der EU-Streit mit Ungarn eine neue Dimension. Unter der Überschrift Eskalation wäre mit Helmut Kohl nie passiert veröffentlichte die Neue Osnabrücker Zeitung dazu ein Interview mit Gerhard Papke.
Das Interview lesen Sie bitte hier.

Radio-Interview im WDR2 zur Behandlung Ungarns in Deutschland 

25. Juni 2021

Phönix Runde: Ungarn und der Regenbogen – Wertestreit in der EU

29. Juni 2021

Hier zur TV-Runde mit Gerhard Papke. 

»Kann nicht sein, dass jetzt alle vor der Regenbogen­flagge salutieren müssen«

23. Juni 2021

Anlässlich der Beleuchtungsaffäre zum EM-Spiel Deutschland gegen Ungarn in München nahm Gerhard Papke in einem »Tagesspiegel«-Interview Stellung. Er kritisierte eine Diffamierung Ungarns und sieht eine hohe Messlatte für die im nächsten Jahr stattfindende WM in Katar.
Den Interviewlink laden Sie bitte hier herunter.

Interview mit Gerhard Papke im Anlegermagazin »Smart Investor«

21. Juni 2021

Smart Investor sprach mit Gerhard Papke u.a. über Investitionsbedingungen und Standortfaktoren in Ungarn, über die dortige Stimmungslage für Investoren und über die deutsche Berichterstattung zum Land.
Den Beitrag laden Sie bitte hier herunter.

Kommentar im Mittelstandsmagazin »Mittelstand Digital« von Gerhard Papke

3. April 2021

Unter der Überschrift »Wir können als Deutsche viel von den Ungarn lernen« veröffentlichte das Mittelstandsmagazin einen Gastbeitrag von Gerhard Papke.
Den Beitrag laden Sie bitte hier herunter.

Gastkommentar Gerhard Papke in der Online-Zeitung TheGermanZ

12. März 2021

Unter der Überschrift »Ungarn braucht die moralisierende Überheblichkeit aus Deutschland nicht« veröffentlichte die Online-Zeitung TheGermanZ einen Gastkommentar von Gerhard Papke.
Den Link zum Beitrag laden Sie bitte hier herunter.

Gastkommentar Gerhard Papke in der Budapester Zeitung

26. Februar 2021

»Das gemeinsame Haus Europa, das wir alle wollen, wird nur auf dem Fundament wechselseitigen Respekts bestehen können. Deutsche Arroganz gehört definitiv nicht dazu.« Auszug aus einem Gastkommentar von Gerhard Papke in der Budapester Zeitung.
Den vollständigen Beitrag laden Sie bitte hier herunter.

Leserbrief des Präsidenten der Deutsch-Ungarischen Juristen­vereinigung, Dr. Csaba Láng, zur »Arte«-Sendung an die F.A.Z.

5. Februar 2021

In den letzten Tagen haben uns viele empörte Reaktionen über den vom »Arte«-Fernsehkanal ausgestrahlten Beitrag über Ungarn (»Hallo, Diktator«) erreicht. Leider zeigt sich einmal mehr, wie gerade das öffentlich-rechtliche Fernsehen, das eigentlich einem objektiven Qualitätsjournalismus verpflichtet wäre, bei der Berichterstattung über Ungarn durch Einseitigkeit auffällt.
Dr. Csaba Láng, Präsident der Deutsch-Ungarischen Juristenvereinigung und Mitglied des erweiterten DUG-Vorstands, hat zu der »Arte«-Sendung einen Leserbrief an die F.A.Z. verfasst. Er widmet sich darin einigen Rechtsfragen, die über diese Fernsehsendung hinaus von Bedeutung sind.
Den Leserbrief laden Sie bitte hier herunter.

Interview mit Gerhard Papke in der Budapester Zeitung

23. Januar 2021

DUG-Präsident Gerhard Papke erläuterte in einem Interview mit der Budapester Zeitung die Ziele des »Aufrufs zur Zusammenarbeit der Freunde Ungarns in Deutschland« und gab darin auch einige Einschätzungen zur Aufnahme ungarischer Politik in Deutschland. Das vollständige Interview laden Sie bitte hier herunter.

Wider die »Un­bot­mäßigen«. Koste es Europa, was es wolle … – Ein zorniger Zwischen­ruf von Hans Kaiser

19. November 2020

Dieser bemerkenswerte Versuch der Kommission und des Europäischen Parlaments, den Haushalt der EU mit einer Abrechnung mit den »Unbotmäßigen«, vor allem mit Viktor Orbán, zu verbinden, ist eine Schande für Europa und wider­spricht eklatant dem europäischen Geist und den geistigen Grundlagen Europas. Dass sich Teile der deutschen Regierung hier vor den Karren speziell der sozialistischen Ungarngegner spannen lassen, ist ein zusätzliches Moment, das für mich als deutschem Staatsbürger absolut unerträglich ist. Von meiner persönlichen Orientierung und Einschätzung im Kontext des Umgangs insbesondere mit Ungarn nicht zu reden. Wie töricht kann man nur sein auf Seiten der Konservativen hierzulande und in Europa? Die merken offenbar gerade gar nichts. Wo war eigentlich der Ruf nach Sanktionen selbst bei Putschversuchen in von links regierten ehemaligen Ostblock­staaten? Da schwieg sich schon der erfahrene Weltenlenker aus Würselen, Martin Schulz, beharrlich aus, um gleichzeitig jedoch gegen Orbán auszukeilen. An die Adresse der Konservativen: Denn dies sind die dümmsten Kälber. Um Lenin zu zitieren, der sich in solchen Mechanismen auskannte.

Sprache ist verräterisch, schrieb Heiner Geißler. Recht hatte er. Auch in der Nachrichtengebung der Öffentlich Rechtlichen Sender. Da heißt es mit schöner Gleichförmigkeit, dass sich Ungarn und Polen dagegen zur Wehr setzten, wenn Zuwendungen an Rechtsstaatlichkeit gebunden würden. Natürlich, wer will sich bei dieser verkürzten Nachrichtengebung schon mit diesen Ungarn gemein machen, die die Millionen aus Europa kassieren, sich aber nicht rechtsstaatlich angemessen und dankbar verhalten? Nicht nur Trump kann Fake-News. Kein Wort davon warum? Kein Wort davon, dass dies dann zur Totschlagsargumentation würde gegen jedweden in einem anderen Staat, dessen Nase einem nicht gefällt.

Kein Wort davon, dass dann künftig der Spiegel oder Herr Roth oder Herr Lambsdorff oder Herr Asselborn nach Belieben bestimmen, wer wann gegen »die Rechtsstaatlichkeit« verstößt. Gerade Asselborn hat ja zu gewissen Zeiten bei ARD und ZDF regelmäßige Sendezeit. Selbst wenn er nach dem Wetter gefragt würde, kommt er spätestens gegen Ende seiner Einlassung zum »Ceterum Censeo« mit der Forderung der Geißelung Viktor Orbáns.

Ich verwahre mich indessen dagegen, Luxemburg als einen besonderen Ort politischer Ethik zu verstehen. Wer hier,

ob seitens von Vertretern der Medien oder durch Vertreter der Politik, sei es aus Unwissen oder auch aus Rache­gelüsten, schweigt, nimmt die Spaltung Europas billigend in Kauf. Bestenfalls: Denn sie wissen nicht, was sie tun. Das machtgierige China gibt es ja nicht. Auch die zutiefst gespaltenen Vereinigten Staaten mit ihrem in sich absolut brüchigen und morbiden politischen System sind ein Gerücht, was wir derzeit ja erleben. Erst recht der »Friedensstifter« Russland.

Da können wir uns in Europa ja erlauben, das unter Schmerzen Erreichte aufs Spiel zu setzen. Weh wird mir, wenn ich an die Väter oder Betreiber der politischen Einigung Europas denke wie Schumann, Adenauer, De Gasperi, Hallstein, Kohl, um nur eine Auswahl zu treffen. Sie wußten, warum sie dies nach dem Schrecken der Kriege taten. Bei vielen unserer heutigen »Europäer« habe ich meine begründeten Zweifel. Da reißen Etliche eher mit Lust ein, was die Altvorderen vor ihnen aufgebaut haben.

Leider gibt in der Causa Rechtsstaatsklausel aber auch ein Kommunikationsversagen auf ungarischer Seite. Was da im Herzen Europas stattfindet, wurde und wird leider nur ungenügend oder auch gar nicht deutlich gemacht oder kaum transportiert. Speziell, warum es absolut untragbar oder gar unzulässig ist, in einem Haushalt der EU die tatsächlichen oder vermeintlichen Daumenschrauben rechtsstaatlichen Verhaltens »unterzubringen«. Geschickt oder eher infam verbunden in vorgehaltene Haushaltsmittel für besonders stark von der Pandemie betroffene Staaten wie Italien und Spanien. Unmoralisch darf man das nennen. Dabei stellt sich tatsächlich die Frage, ob es auf der Grundlage des europäischen Rechts überhaupt möglich ist, derartige Sanktionen in dieser Art und Weise mit der Aufstellung und Durchführung eines EU-Haushaltes überhaupt zu verknüpfen. Zweifel sind erlaubt. Wir haben es mit gleichberechtigten Mitgliedern der Europäischen Union zu tun. Eine Beschränkung der Zuwendungen verstößt absolut gegen das Prinzip der Gleichbehandlung und des daraus resultierenden Anspruchs jedes einzelnen Mitgliedsstaates, der kaum durch ein Haushaltsgesetz ausgehebelt werden kann.

Da sollte keine erneute Trickserei helfen.

Es grassiert die Respektlosigkeit und die Unredlichkeit, wenn sich die Staaten Europas gegenseitig diskre­di­tieren oder desavouieren und an den Karren fahren. Die Fragen der Migration bzw. der Flüchtlingsaufnahme sind besondere Beispiele dafür, zumal sie auch in den oben angesprochenen Kontext der »Unbotmäßigkeit« gehören. Ein evidentes Beispiel der Unredlichkeit oder des Messens mit unterschiedlichen Maßstäben. Wer sprach von Frankreich, das sich – wie wir nicht erst heute erkennen, aus guten Gründen, die man dennoch nicht gut heißen muss – der Aufnahme von Flüchtlingen und Migranten massiv entzogen hat.

Da darf man sich einmal die Aufnahmezahlen Frankreichs zu Gemüte führen aus einer Zeit, in der Ungarn für seine mehrfach und gut begründete »Verweigerungshaltung« öffentlich angeprangert und vorgeführt wurde. Quod licet Iovi?

So baut und festigt man Europa nicht!

Hans Kaiser (CDU)

vormals Repräsentant der Konrad-Adenauer-Stiftung in Budapest; ehedem Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten des Landes Thüringen

Fünf Hinweise zum EU-Haushaltsveto: Worum es wirklich geht.

19. November 2020

Sehr geehrte Damen und Herren,

wer derzeit in die deutschsprachigen Medien schaut, wird leider wieder einmal mit einer Welle der Empörung über die ungarische Politik konfrontiert. Der Grund: Ungarn hat, gemeinsam mit Polen, sein Veto gegen die Ver­ab­schie­dung des EU-Haushalts und des Corona-Hilfspakets eingelegt. Vertreter der politischen Linken, auch viele Kom­men­ta­toren, feuern aus allen Rohren.

Als Freunde Ungarns sollte man sich davon nicht beirren lassen und auf die Sachlage verweisen. Dazu möchte ich in aller Kürze fünf Hinweise geben:

1. Die Entscheidung Ungarns kommt keineswegs überraschend. Die ungarische Regierung hatte in den letzten Wochen permanent darauf hingewiesen, dass sie einer einseitigen Veränderung der Vereinbarungen der europäischen Staats- und Regierungschefs zu Haushalt und Hilfspaket vom Juli 2020 nicht zustimmen werde. Unbeeindruckt davon haben sich Vertreter des Europaparlaments öffentlich dafür gefeiert, in Gesprächen mit der deutschen Ratspräsidentschaft einen verschärften »Rechtsstaatsmechanismus« als eigene Bedingung für die Verabschiedung des Haushalts durchgesetzt zu haben.
Sie haben dabei auch kein Geheimnis daraus gemacht, dass dieses neue Instrument genutzt werden solle, um Ungarn und Polen unter Druck zu setzen und auf Linie zu bringen. Dass beide Länder sich dagegen zur Wehr setzen, war zu erwarten.

2. Es kann keine Rede davon sein, dass Ungarn sich dem Corona-Hilfspaket der Europäischen Union verweigert oder gar seiner eigenen Bevölkerung diese Hilfen vorenthalten will, wie etwa die SPD-Politikerin Barley behauptet. Solche Vorwürfe sind geradezu verleumderisch. Ungarn hat trotz – nur zu begründeter – ordnungspolitischer Bedenken frühzeitig erklärt, sich einem solchen Hilfspaket für die von der Pandemie besonders betroffenen Länder an­zu­schlie­ßen.
Aber selbstverständlich müssen für die Verabschiedung von EU-Haushalt und Corona-Hilfspaket die Bedingungen gelten, die mit allen souveränen EU-Staaten einvernehmlich ausgehandelt worden sind. Wer die Vereinbarungen nachträglich, mit ganz anderen politischen Zielen, einseitig verändern will, darf sich nicht über den Widerstand von Ungarn und Polen beschweren.

3. Man muss immer wieder darauf hinweisen, dass der Vertrag über die Europäische Union keine einheitliche, verbindliche Definition von »Rechtsstaatlichkeit« kennt. Schon angesichts der unterschiedlichen Rechtstraditionen in Europa wäre das ein unmögliches Unterfangen. Das leider bald aus der EU ausscheidende Großbritannien, immerhin das Mutterland des Parlamentarismus, verfügt bekanntlich noch nicht einmal über eine geschriebene Verfassung. Bei einem möglichen Verstoß gegen die Grundwerte der EU kann ein Verfahren nach Art. 7 des Europäischen Vertrages eingeleitet werden. Ansonsten stehen unterschiedliche Rechtswege offen, um zu prüfen, ob ein Mitgliedsland der EU im Einzelfall gegen Gemeinschaftsrecht verstößt.

4. Leider ist zu befürchten, dass ein weitgehender »Rechtsstaatsmechanismus« genutzt würde, um aus Brüssel gegen eine eigenständige Politik in den Nationalstaaten der EU vorzugehen, selbst wenn diese Politik demokratisch eindeutig durch die jeweiligen Völker legitimiert ist.
Geradezu beispielhaft ist ein aktueller Kommentar im SPIEGEL zum Thema Massenzuwanderung: »Auch droht die EU sich lächerlich zu machen, zeigte sie jetzt keine harte Reaktion. Seit Jahren wird Polen und Ungarn damit gedroht, dass sie für ihre Verweigerungshaltung bei der Aufnahme von Flüchtlingen … die Rechnung beim nächsten EU-Mehrjahreshaushalt bekommen. Der liegt nun auf dem Tisch.«
Soll ein Land wie Ungarn, das sich der ungesteuerten Massenzuwanderung nach Europa nachdrücklich widersetzt hat, dafür also künftig mit dem Entzug von Finanzmitteln bestraft werden?

5. Zu den christlichen Grundüberzeugungen des ungarischen Volkes gehört die Bedeutung der klassischen Familie, mit Vater, Mutter und ihren Kindern. Aktuell bereitet das ungarische Parlament eine Verfassungsergänzung vor, derzufolge »die Mutter eine Frau ist und der Vater ein Mann«.
Das ist eine legitime Werteentscheidung Ungarns, die sicher auch in Westeuropa von der weit überwiegenden Mehrheit der Menschen geteilt wird. In der deutschen Öffentlichkeit wird immer nur gerne der gegenteilige Eindruck erweckt.
Jedenfalls ist zu erwarten, dass eine linke Mehrheit im Europaparlament den erweiterten »Rechts­staats­mecha­nismus« auch bei derartigen Themen nutzen würde, um den Ungarn und anderen Völkern eine libertäre Haltung aufzuzwingen, die sie nicht wollen. Das hat mit »Rechtsstaatlichkeit« nichts zu tun, sondern ignoriert die souveräne demokratische Entscheidung freier Länder.

Wir alle sind überzeugte Europäer. Aber wollen wir eine Europäische Union, in der in Brüssel »Rechnungen« für unterschiedliche Überzeugungen der europäischen Völker geschrieben werden? Ich fürchte, dass man auf diese Weise den Zusammenhalt in der EU nicht stärken, sondern weiter gefährlich schwächen würde. Das wäre fatal.

Bleiben Sie und Ihre Familien gesund!
Dr. Gerhard Papke

Tonlage gegen Ungarn – Neu auf Twitter

19. Oktober 2020

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Europäische Union ist in den nächsten Wochen mehr denn je gefordert, sich voll und ganz auf den Kampf gegen die wieder aufflammende Corona-Pandemie zu konzentrieren. Anstatt in dieser Notlage möglichst gemeinsame Maßnahmen der EU-Staaten zum Schutz der Menschen zu entwickeln, vergreifen sich führende deutsche Außenpolitiker gegenüber Ungarn massiv im Ton.

Wenn der deutsche Außenminister ein »sehr schmerzhaftes Instrument« für Ungarn und Polen wünscht und die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments fordert, den ungarischen Ministerpräsidenten »finanziell auszuhungern«, hält damit ein Jargon Einzug, der gerade in der deutschen Außenpolitik aus gutem Grund nichts zu suchen hat.

Differenzen in Sachfragen muss man diskutieren können, aber Respektlosigkeiten führen niemals zu guten Ergebnissen.

Gut erinnerlich ist auch noch die Behauptung des Europastaatsministers im Auswärtigen Amt vor einigen Wochen, der öffentlich vor einem »grassierenden Antisemitismus« in Ungarn warnte. Dabei gibt es in Budapest eine der größten jüdischen Gemeinden in Europa, die floriert und sich in Ungarn nach eigener Aussage äußerst wohl fühlt. Der Vorwurf ist offensichtlich falsch und daher aus dem Munde eines deutschen Politikers erst recht geschmacklos.

Die Freunde Ungarns sollten solchen Geschichten öffentlich entgegentreten. Auch deshalb werde ich mich ab sofort regelmäßig über einen neuen Twitter-Account zu Wort melden. Sie finden ihn unter: @PapkeGerhard

Wenn Sie selbst bei Twitter aktiv sind, verlinken Sie sich dort bitte, damit wir gemeinsam für die deutsch-ungarische Freundschaft werben können.

Bleiben Sie und Ihre Familien gesund!
Gerhard Papke

Neue Einreisebeschränkungen nach Ungarn

30. August 2020

Die Corona-Pandemie bestimmt nach wie vor das öffentliche und das private Leben. Leider sind die Infektionszahlen in den letzten Wochen wieder gestiegen. Die Politik in Deutschland wie auch in Ungarn berät darüber, mit welchen Maßnahmen man am besten gegensteuern kann. Die ungarische Regierung hat sich dazu entschieden, ab dem 1. September eine erneute Einreisesperre für ausländische Staatsbürger zu verhängen. Ausnahmen gelten nur für begründete Einzelfälle, etwa bei Geschäftsreisen. Nach Ungarn einreisende ungarische Staatsbürger müssen sich in zweiwöchige häusliche Quarantäne begeben, es sei denn, sie lassen nach ihrer Einreise zwei Covid-19-Tests durchführen, die negativ ausfallen. Die Maßnahmen sollen zunächst für einen Monat gelten.

Immer noch ist die Zahl der Corona-Infektionen in Ungarn im internationalen Vergleich ausgesprochen niedrig, aber sie steigt dennoch deutlich an (bestätigte aktive Infektionen aktuell ca. 1.300 / Stand 30.08.2020). Ähnliches gilt, auf einem etwas höheren Infektionsniveau, auch für Deutschland. Bis zur Verfügbarkeit eines in seiner Wirkung hinreichend überprüften Impfstoffes werden wir uns weiter daran gewöhnen müssen, mit der Pandemie zu leben und verantwortungsvoll mit ihren Risiken umzugehen.

Gastkommentar zum EU-Gipfel 

Ungarn beendet Ausnahmezustand

22. Juni 2020

Das ungarische Parlament hat am 16. Juni den wegen der Corona-Pandemie verhängten Ausnahmezustand beendet. Mit Wirkung vom 18. Juni sind die aus der sog. „Gefahrenlage“ resultierenden Sondervollmachten der Regierung ausgelaufen. Vom selben Tag an wurden zudem sämtliche Einreisebeschränkungen für Bürger von EU-Staaten und EWR-Staaten (bis auf Großbritannien) aufgehoben.

Die Gesamtzahl der registrierten Covid-19 Erkrankungen in Ungarn beläuft sich aktuell auf ca. 4.100. 572 Menschen sind an den Folgen der Infektion verstorben. So bedauerlich dies für die betroffenen Familien auch ist, insgesamt zeigt sich, dass Ungarn die Ausbreitung der Pandemie sehr erfolgreich bekämpfen konnte. Alle kennen die Zahlen aus Deutschland und die humanitäre Katastrophe, die sich etwa in den südeuropäischen Ländern ereignet hat.

Leider war vielen Kritikern der ungarischen Politik im deutschsprachigen Raum diese Bilanz und das Ende des Ausnahmezustandes in Ungarn bislang kaum eine Zeile wert. Um so wichtiger ist es, sachgerecht darüber zu informieren. Deshalb dokumentieren wir den Text des Gesetzes zur Aufhebung der Corona-Notlage in deutscher Übersetzung hier (Download).

Gastkommentar des DUG-Präsidenten

Ungarn will Corona-Notstandsrecht beenden

16.05.2020

Sehr geehrte Damen und Herren,

am Rande eines Treffens mit dem serbischen Präsidenten in Belgrad am 15. Mai hat der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán erklärt, die von ihm geführte Regierung erwarte, die zur Bekämpfung der Corona-Krise gewährten Sondervollmachten bis Ende Mai an das ungarische Parlament zurückgeben zu können. Kanzleramtsminister Gergely Gulyás hat diesen Zeitplan inzwischen bestätigt. Diese Entwicklung ist außerordentlich bemerkenswert.

Ungarn wäre eines der ersten Länder in der Europäischen Union, dass seinen rechtlichen Ausnahmezustand im Kampf gegen die Pandemie beendet. Hintergrund ist, dass die ungarischen Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus bisher sehr erfolgreich waren. Bis zum 15. Mai sind in Ungarn insgesamt 3.417 Infektionen nachgewiesen worden, 442 Todesopfer sind zu beklagen. Jeder, der die Daten in anderen Ländern Europas und darüber hinaus verfolgt, kann ermessen, wie gut Ungarn damit im internationalen Vergleich dasteht. In den meisten Regionen Ungarns gibt es so gut wie keine Neuinfektionen mehr. Außerhalb von Budapest ist das öffentliche Leben bereits wieder auf dem Weg der Normalisierung. Darüber freuen wir uns natürlich sehr.

Um so bedauerlicher ist andererseits der Schaden für den Zusammenhalt in Europa, der durch die in weiten Teilen unsachliche Berichterstattung über Ungarn in den letzten Wochen angerichtet worden ist. Es ist auch nicht nachvollziehbar, dass das Europäische Parlament eine eigene Debatte über die ungarische Notstandsgesetzgebung auf die Tagesordnung setzt, sich aber weigert, die ungarische Justizministerin Judith Varga als Vertreterin ihrer Regierung daran teilnehmen zu lassen. Der ungarischen Regierung die Unterdrückung der Meinungsvielfalt vorzuwerfen und sie dann selber von der Debatte darüber im Europaparlament auszuschließen, ist unabhängig von inhaltlichen Fragen jedenfalls ein demokratisches Armutszeugnis.

So verstärkt sich leider der Eindruck, dass es vielen gar nicht um Aufklärung in der Sache geht, sondern um eine ideologische Kampagne gegen die generelle Richtung ungarischer Politik. Wir dürfen sehr gespannt sein, wie nunmehr über die angekündigte Aufhebung des Ausnahmezustands in Ungarn berichtet wird. In vielen Kommentaren wurde unterstellt, die Sondervollmachten der Regierung führten Ungarn geradewegs in diktatorische Verhältnisse und eine dauerhafte Entmachtung des Parlaments. Was werden diese Kommentatoren wohl schreiben, wenn ausgerechnet Ungarn als eines der ersten Länder in Europa wieder zur Normalität zurückkehrt? Ganz abgesehen davon, dass das ungarische Parlament auch in der Zeit des Ausnahmezustands regelmäßig getagt und Gesetze verabschiedet hat und seiner Arbeit nachgegangen ist.

Bleiben Sie gesund!
Gerhard Papke

Leserbrief des DUG Präsidenten Gerhard Papke in der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung«

09.04.2020

Die Corona-Pandemie, Ungarn und Europa

07.04.2020

Sehr geehrte Damen und Herren,

inzwischen scheint es in den von der Corona-Pandemie am schlimmsten betroffenen Ländern der EU gelungen, den Anstieg der Neuinfektionen deutlich abzubremsen. Hoffen wir, dass es bald gelingt, die Erkrankungen in den Griff zu bekommen.

Erfreulicherweise hat es Ungarn mit seinen frühzeitigen Präventionsmaßnahmen geschafft, die Zahl der Infektionen bisher auf einem sehr niedrigen Niveau zu halten. Das ist umso wichtiger, als das ungarische Gesundheitssystem andernfalls schnell überfordert sein könnte.

Die Bilder und Berichte etwa aus Italien und Spanien haben in den letzten Wochen drastisch verdeutlicht, wie wichtig ein leistungsstarkes Gesundheitswesen für die Bevölkerung ist. Diese Erkenntnis wird wie in Ungarn sicherlich auf der politischen Agenda der meisten Länder Europas bleiben, auch wenn die akute gesundheitliche Herausforderung durch Corona hoffentlich bald überwunden ist.

Die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie lassen sich noch gar nicht seriös abschätzen und werden uns noch Jahre beschäftigen. Es wäre sehr wünschenswert, wenn die Europäische Union und insbesondere die Europäische Kommission bei der Bewältigung der Wirtschaftskrise eine konstruktive Rolle übernehmen würden. Damit meine ich ausdrücklich nicht die Vergemeinschaftung von Staatsschulden, wie sie jetzt wieder mit Macht aus Südeuropa gefordert wird. Es gibt bereits zahlreiche Programme und Instrumente, die man gezielt nutzen kann. Brüssel braucht auch keine zusätzlichen Kompetenzen, sondern sollte jetzt einfach einen guten Job bei der Unterstützung der Mitgliedsstaaten machen. Für unverbindliche Sonntagsreden ist nicht mehr die Zeit.

Viele ungarische Mitbürger und Ungarnfreunde in Deutschland leiden darunter, wie unfair die ungarischen Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus bewertet werden. Überall in Europa haben Regierungen drastische Einschränkungen bürgerlicher Freiheiten verhängt, um die Pandemie einzudämmen. Überall in Europa haben die Parlamente der Exekutive außerordentliche Vollmachen verliehen. In Ungarn bewegt sich dieser Prozess eindeutig im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben. Im übrigen werden die Wähler am Ende in allen demokratischen Staaten Europas entscheiden, wie sie das Handeln ihrer Regierungen bewerten, in Ungarn, in Deutschland und anderswo.

Anbei finden Sie die vorliegende offizielle Übersetzung des ungarischen »Gesetzes zur Eindämmung des Coronavirus« (Gesetzesübersetzung hier) ebenso eine kurze Erläuterung des Justizministeriums hier.

Für eine Kampagne gegen Ungarn gibt es keinen sachlichen Anlass. Sie würde die Europäische Union zudem gefährlich auseinandertreiben, in einer Zeit, in der wir Europäer mehr denn je zusammenstehen sollten.

Bleiben Sie gesund.
Gerhard Papke

Stellungnahme der ungarischen Justizministerin Judit Varga zur Corona-Notstandsgesetzgebung

28.03.2020

In der ganzen Welt ergreifen die Regierungen außerordentliche Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus. Das ist mit weitgehenden Eingriffen in demokratische Bürgerrechte verbunden, die der besonderen Situation geschuldet sind. Wie Deutschland unternimmt auch Ungarn alles, um Bürger und Unternehmen vor der Pandemie und deren Folgen zu schützen.

Gleichwohl wird gerade in Deutschland in den letzten Tagen die Meinung verbreitet, die ungarische Regierung verfolge dabei in Wahrheit über den aktuellen Ausnahmezustand hinausgehende, gar demokratiegefährdende Ziele. Hintergrund ist ein Notstandsgesetz, das derzeit dem ungarischen Parlament zur Entscheidung vorliegt. Man kann sich bei manchen Kommentaren des Eindrucks nicht erwehren, dass die Kritik weniger von sachlichen, als vielmehr von generellen politischen Vorbehalten geprägt ist.

Ungarns Justizministerin Judit Varga hat eine Erläuterung und Einordnung der ungarischen Notstandsgesetzgebung in deutscher Sprache vorgelegt, die wir anliegend hier dokumentieren.

Bilden Sie sich Ihre eigene Meinung!

Das Coronavirus, die europäische Zusammenarbeit und die Politik Erdogans

15.03.2020 

Sehr geehrte Damen und Herren, 

seien wir ehrlich: Wer von uns hätte noch vor wenigen Wochen derart weitreichende Auswirkungen des neuen Coronavirus für möglich gehalten? Europa hat sich aktuell zu einem Hotspot des Infektionsgeschehens entwickelt, die nationalen Regierungen ergreifen teils drastische Maßnahmen, um die weitere Ausbreitung zu stoppen oder zumindest zu verlangsamen. Es ist für die Politik nicht einfach, die richtige Mischung aus Besonnenheit und Entschlossenheit zu finden. Einmal mehr zeigt sich gerade in der Krise, wie wichtig die enge Zusammenarbeit in Europa ist. Jetzt sind auch die Institutionen der Europäischen Union gefordert, ihre Sinnhaftigkeit unter Beweis zu stellen.

Bisher nur zu erahnen sind die wirtschaftlichen Folgen der Krise. Die ungarische Regierung hält aktuell ein Wirtschaftswachstum für 2020 zwischen +3,7 % und -0,3 % für möglich, abhängig von der Dauer der aktuellen Ausnahmesituation. Doch wie gravierend die Rezession auch ausfallen wird, Europa wird sie mit einer gemeinsamen Kraftanstrengung überwinden können. Auch wenn die Börsen auf Talfahrt gehen, für Weltuntergangszenarien gibt es keinen Anlass.

Naturgemäß geraten alle anderen Themen dieser Tage in den Hintergrund, wie etwa das traurige Geschehen an der Grenze Europas zur Türkei. Gerade in der deutschen Politik gab es große Fans der EU-Vereinbarung mit der Türkei vom März 2016, die den Migrantenstrom nach Europa stoppen sollte. Der Türkei wurden dafür 6 Milliarden Euro zugesagt. Während Ungarns Haltung für einen konsequenten Schutz der EU-Außengrenzen massiv kritisiert wurde, baute die EU ausgerechnet auf den türkischen Staatspräsidenten als Verbündeten in der Migrationspolitik. Jetzt zeigt sich das Ergebnis. Man kann nur hoffen, dass sich die EU nicht von Erdogan erpressen lässt und daraus lernt, dass es besser ist, wenn sich die Europäer selber helfen. Die Ungarn sind dabei vorangegangen. Die aktuellen Ereignisse geben Ihnen recht.

Bleiben Sie gesund!

Ihr
Gerhard Papke

Papke fordert als neuer Präsident der Deutsch-Ungarischen Gesellschaft Fairness für Ungarn

Gerhard Papke, früherer Vizepräsident des Landtags Nordrhein-Westfalen und langjähriger Vorsitzender der FDP-Landtagsfraktion, ist zum neuen Präsidenten der Deutsch-Ungarischen Gesellschaft in der Bundesrepublik Deutschland (DUG) gewählt worden. Die DUG, mit Sitzen in Berlin und Bonn, pflegt als gemeinnütziger Verein seit ihrer Gründung 1994 die deutsch-ungarischen Beziehungen. Sie hat aktuell bundesweit etwa 400 unmittelbare Mitglieder und dient rund 30 regionalen deutsch-ungarischen Freundschaftsverbänden als Dachverband.

Papke rief zu mehr Sachlichkeit und Fairness bei der Bewertung ungarischer Politik auf: „Die Ungarn haben vor 30 Jahren als erste ein Loch in den Eisernen Vorhang geschnitten. Sie sind ein zutiefst freiheitsliebendes, proeuropäisches Volk, dem wir Deutschen viel zu verdanken haben. Wir sollten ihre Stimme ernst nehmen und genauer zuhören, statt vorschnell zu urteilen.“ Die Deutsch-Ungarische Gesellschaft wolle gerade in herausfordernden Zeiten des deutsch-ungarischen Verhältnisses ein Forum für den gemeinsamen Gesprächsprozess sein.

Papke wurde auf der Mitgliederversammlung in Königswinter mit 95 Prozent der abgegebenen Stimmen zum Nachfolger des bisherigen Präsidenten Peter Spary gewählt. Spary, früherer Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes des deutschen Groß- und Außenhandels, gehört der DUG-Führung künftig als Ehrenpräsident an. Den Vorstand der Gesellschaft bilden zudem Rita Bajáky und Annamaria Friedrich-Ireghy als Vizepräsidentinnen, Günter Lemmer als Schatzmeister und Stefan Fassbender als Geschäftsführer.

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